BAMF: Fast zehn­tau­send Flücht­lings-Han­dys pro Jahr über­prüft worden

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF - Schild - Tor - Eingang Foto: Eingang des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge hat im zu Ende gehen­den Jahr fast zehn­tau­send Han­dys von Asyl­su­chen­den ohne über­prüf­ba­re Aus­weis­do­ku­men­te ausgelesen.

Von Janu­ar bis Ende Novem­ber spei­cher­te das Bun­des­amt die Daten­sät­ze aus 9.528 Mobil­te­le­fo­nen. Das berich­ten die Zei­tun­gen der Fun­ke-Medi­en­grup­pe (Diens­tag­aus­ga­ben) unter Beru­fung auf die Migrationsbehörde.

2018 hat­te das BAMF 11.389 Daten­trä­ger von Flücht­lin­gen aus­ge­wer­tet, die zum ers­ten Mal in Deutsch­land Asyl bean­trag­ten. Von Janu­ar bis Ende Novem­ber 2019 wur­de die Aus­wer­tung des Han­dys eines Flücht­lings in 3267 Fäl­len tat­säch­lich für das lau­fen­de Asyl­ver­fah­ren frei­ge­ge­ben (2018 ins­ge­samt: 3.308 Fäl­le). In Aus­nah­me­fäl­len (zwei Pro­zent) konn­ten die Mit­ar­bei­ter laut BAMF mit Hil­fe der Han­dy­aus­wer­tung die ange­ge­be­ne Iden­ti­tät des Asyl­su­chen­den widerlegen.

In 40 Pro­zent der Fäl­le hat die Aus­wer­tung des Daten­trä­gers die Anga­ben des Flücht­lings dage­gen bestä­tigt. „In 58 Pro­zent der Fäl­le konn­ten kei­ne ver­wert­ba­ren Erkennt­nis­se aus der Ergeb­nis­do­ku­men­ta­ti­on gewon­nen wer­den”, heißt es beim Bundesamt.

Stellt ein Flücht­ling ohne die Vor­la­ge von Rei­se­pass oder Aus­weis einen Antrag auf Schutz in Deutsch­land und lässt sich anders des­sen Iden­ti­tät nicht klä­ren, kann das BAMF die Daten des Han­dys eines Antrags­stel­lers spei­chern. Neben der digi­ta­len Sprach­er­ken­nung ist die­ses soge­nann­te „IT-Assis­tenz­sys­tem” seit Sep­tem­ber 2017 im Ein­satz beim Bundesamt.

Die Han­dy­aus­wer­tung erlaubt laut BAMF „Rück­schlüs­se dar­auf, in wel­chem Land sich eine Per­son auf­ge­hal­ten hat und wel­che Spra­che sie bei der Ver­wen­dung des Mobil­te­le­fons nutzt”. Seit der Ein­füh­rung der IT-Sys­te­me im Asyl­ver­fah­ren hat es immer wie­der Kri­tik an dem Aus­wer­ten von Daten der Han­dys von Geflüch­te­ten gege­ben. „Der Staat hat das Recht, die Iden­ti­tät eines Schutz­su­chen­den zu erfah­ren und zu überprüfen.

Doch das Gesetz greift der­zeit mit der all­ge­mei­nen Mög­lich­keit zum Aus­le­sen der Han­dys mas­siv in die Intim­sphä­re aller Flücht­lin­ge ohne Aus­weis­do­ku­men­te ein, auch ohne deren Geschich­te vor­her ein­ge­hend zu prü­fen”, sag­te Ste­phan Tho­mae, Innen­ex­per­te der FDP im Bun­des­tag, den Fun­ke-Zei­tun­gen. „Das geht zu weit. Viel­mehr soll­te ein Aus­wer­ten für das BAMF erst mög­lich sein, wenn berech­tig­te Zwei­fel an den Anga­ben des Flücht­lings bestehen.”

Zudem will die Per­so­nal­ver­tre­tung des Bun­des­am­tes für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge mehr Mit­be­stim­mungs­recht bei der Ein­füh­rung von IT-Sys­te­men im Asyl­ver­fah­ren. Der­zeit liegt beim Ver­wal­tungs­ge­richt Ans­bach eine Kla­ge des Per­so­nal­rats gegen die Amts­lei­tung vor. Ein Spre­cher des Gerichts bestä­tig­te den Fun­ke-Zei­tun­gen, dass die Kla­ge die Betei­li­gung des Per­so­nal­ra­tes bei der „Ein­füh­rung und Imple­men­tie­rung einer IT-Soft­ware zur Frei­ga­be und Löschung der aus­ge­le­se­nen Daten aus mobi­len Daten­trä­gern von Asyl­be­wer­bern” betreffe.

Auf Nach­fra­ge sag­te der Per­so­nal­rats­chef des BAMF, Rudolf Schein­ost: „Es ist wich­tig, dass die Per­so­nal­ver­tre­tung bei der Digi­ta­li­sie­rung des Asyl­ver­fah­rens ein­ge­bun­den ist. Denn für die Mit­ar­bei­ten­den des BAMF hat die mas­si­ve digi­ta­le Auf­rüs­tung bei den Asyl­ver­fah­ren extre­me Auswirkungen.”

Der Per­so­nal­rat müs­se prü­fen kön­nen, ob durch die IT-Soft­ware etwa zum Aus­le­sen der Han­dy­da­ten „Mehr­be­las­tung der Asyl-Ent­schei­der ent­steht oder auf die­sem Weg sogar eine ver­deck­te Leis­tungs­kon­trol­le der Mit­ar­bei­ten­den ein­ge­führt wird”. Zudem müs­se der Per­so­nal­rat kon­trol­lie­ren, ob zusätz­li­che Schu­lun­gen not­wen­dig sei­en. „Denn mit der Han­dy­aus­wer­tung berührt das BAMF einen hoch­sen­si­blen Bereich der Flüchtlinge.”

Das Bun­des­amt woll­te sich zum lau­fen­den Ver­fah­ren nicht äußern, teil­te aber mit, dass der Per­so­nal­rat bei der Ein­füh­rung der IT-Tech­nik für das Asyl­ver­fah­ren ein­ge­bun­den gewe­sen sei. Beim Test der Tech­nik sei­en zudem „Beden­ken” oder „Wün­sche” der Mit­ar­bei­ter­ver­tre­tung auf­ge­grif­fen worden.

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