Ber­lin: Kin­der­schutz­hot­line ver­zeich­nen immer mehr Anrufe

Kinder - Sandkasten - Spielzeug - Spielplatz - Öffentlichkeit Foto: Kind im Sandkasten an einem Spielplatz, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Bei der vom Bun­des­fa­mi­li­en­mi­nis­te­ri­um initi­ier­ten Kin­der­schutz­hot­line nimmt die Zahl der Anru­fe in der Coro­na­kri­se stark zu.

Allein in den ers­ten bei­den Mai-Wochen nutz­te medi­zi­ni­sches Per­so­nal das Hilfs­an­ge­bot in mehr als 50 Ver­dachts­fäl­len, sag­te Team­lei­ter und Kin­der­arzt Oli­ver Bert­hold der „Neu­en Osna­brü­cker Zei­tung”. Man wer­de teil­wei­se wegen Ver­let­zun­gen kon­tak­tiert, die sonst nur bei Zusam­men­stö­ßen mit Autos aufträten.

„Da geht es um Kno­chen­brü­che oder Schüt­tel­trau­ma­ta.” Betrof­fen sei­en beson­ders Kleinst­kin­der, die noch nicht selbst lau­fen kön­nen, so Bert­hold. „Da liegt der Ver­dacht nahe, dass den Kin­dern mas­si­ve Gewalt zuge­fügt wur­de.” Man ver­mu­te, dass im Zuge der ers­ten Coro­na-Locke­run­gen jetzt sicht­bar wer­de, dass es in man­chen Fami­li­en zu Gewalt­aus­brü­chen in der Kri­se gekom­men sei.

Über­ra­schend sei die Ent­wick­lung für ihn nicht gewe­sen. Stu­di­en hät­ten belegt, dass in gesell­schaft­li­chen Kri­sen­si­tua­tio­nen die Gewalt gegen die Schwächs­ten in der Gesell­schaft zuneh­men. „Das sind in aller Regel die Kin­der”, sag­te der Medi­zi­ner. Ange­sichts der Aus­gangs­be­schrän­kun­gen der ver­gan­ge­nen Wochen sowie geschlos­se­ner Schu­len und Kitas sei­en Extrem­si­tua­ti­on in Fami­li­en abzu­se­hen gewe­sen. „Die­se kla­re Neben­wir­kung der Lock­down-Maß­nah­men war zu erwar­ten, auch wenn die Maß­nah­men aus epi­de­mio­lo­gi­scher Sicht sinn­voll gewe­sen sein mögen”, so Berthold.

Kin­der­ärz­te­prä­si­dent Tho­mas Fisch­bach sag­te der „NOZ”: „Der rein viro­lo­gi­sche Blick auf die Lage ist nicht aus­rei­chend.” Gera­de für Kin­der sei der sozia­le Kon­text von exis­ten­zi­el­ler Bedeu­tung. „Das dau­er­haf­te Ein­sper­ren der Kin­der führt zu inner­fa­mi­liä­ren Kon­flik­ten”, so Fisch­bach. Der Prä­si­dent des Berufs­ver­ban­des der Kin­der- und Jugend­ärz­te warn­te ange­sichts weni­ger akten­kun­dig gewor­de­ner Fäl­le von Kin­des­wohl­ge­fähr­dung vor fal­schen Rück­schlüs­sen: „Die Fäl­le wer­den meist von Kin­der­gär­ten und Schu­len gemel­det, aber die sind geschlossen.”

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