Ber­lin: Sperr­stun­de wur­de vom Ver­wal­tungs­ge­richt gekippt

Wein - Sekt - Alkohol - Supermarkt - Regal - Einkaufsladen Foto: Sekt und Wein in einem Supermarktregal, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Das Ber­li­ner Ver­wal­tungs­ge­richt hat die Sperr­stun­de für die Gas­tro­no­mie auf­grund der Coro­na­kri­se gekippt.

Nach der Ber­li­ner Infek­ti­ons­schutz­ver­ord­nung vom 06. Okto­ber 2020 waren Gast­stät­ten in der Zeit von 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr des Fol­ge­ta­ges zu schlie­ßen. Hier­ge­gen setz­ten sich die Antrag­stel­ler – ins­ge­samt elf Gas­tro­no­men – in zwei Eil­ver­fah­ren erfolg­reich zur Wehr. Nach Auf­fas­sung des Gerichts ver­fol­ge die Maß­nah­me zwar das legi­ti­me Ziel, die Aus­brei­tungs­ge­schwin­dig­keit der über­trag­ba­ren Krank­heit Covid-19 inner­halb der Bevöl­ke­rung zu ver­rin­gern und damit eine Über­las­tung des öffent­li­chen Gesund­heits­sys­tems zu ver­mei­den, bei „sum­ma­ri­scher Prü­fung sei aber nicht ersicht­lich, dass die Maß­nah­me für eine nen­nens­wer­te Bekämp­fung des Infek­ti­ons­ge­sche­hens erfor­der­lich sei”.

Nach den vom Robert-Koch-Insti­tut ver­öf­fent­lich­ten Daten hät­ten Gast­stät­ten unter den bis­lang gel­ten­den Schutz- und Hygie­ne­maß­nah­men kei­nen der­art wesent­li­chen Anteil am Infek­ti­ons­ge­sche­hen gehabt, dass wegen der nun­mehr zu ver­zeich­nen­den star­ken Zunah­me von Neu­in­fek­tio­nen eine Sperr­stun­de als wei­te­re Maß­nah­me erfor­der­lich sei.

Der Antrags­geg­ner habe bereits mil­de­re Mit­tel in Form von viel­fäl­ti­gen Schutz- und Hygie­ne­maß­nah­men und nun­mehr auch eines Alko­hol­aus­schank­ver­bots ergrif­fen, die für die Bekämp­fung des von Gast­stät­ten aus­ge­hen­den Infek­ti­ons­ri­si­kos „in glei­cher Wei­se geeig­net schie­nen”, so das Gericht.

Nach den Fest­stel­lun­gen des Robert-Koch-Insti­tuts sei­en aktu­el­le Fall­häu­fun­gen ins­be­son­de­re im Zusam­men­hang mit Fei­ern im Fami­li­en- und Freun­des­kreis sowie unter ande­rem in Alten- und Pfle­ge­hei­men, Kran­ken­häu­sern, Ein­rich­tun­gen für Asyl­be­wer­ber und Geflüch­te­te, Gemein­schafts­ein­rich­tun­gen, fleisch­ver­ar­bei­ten­den Betrie­ben und im Rah­men reli­giö­ser Ver­an­stal­tun­gen sowie in Ver­bin­dung mit Rei­sen bzw. Rei­se­rück­keh­rern beob­ach­tet wor­den, schreibt das Ber­li­ner Ver­wal­tungs­ge­richt. Es sei nicht nach­voll­zieh­bar, war­um es infek­ti­ons­schutz­recht­lich gerecht­fer­tigt sein sol­le, gas­tro­no­mi­sche Betrie­be – die ansons­ten geöff­net blei­ben dürf­ten – nach 23:00 Uhr zu schließen.

Auch die Gefahr einer alko­hol­be­ding­ten „Ent­hem­mung” nach 23:00 Uhr bestehe nicht, weil die Ver­ord­nung nun­mehr ein von den Antrag­stel­lern nicht ange­grif­fe­nes Alko­hol­aus­schank­ver­bot nach die­sem Zeit­punkt ent­hal­te. Gast­wir­ten kön­ne nicht pau­schal unter­stellt wer­den, dass sie die­se Vor­ga­ben typi­scher­wei­se nicht ein­hiel­ten. Allein die bes­se­re Kon­troll­mög­lich­keit einer Sperr­stun­de kön­ne daher hier nicht zur Recht­fer­ti­gung der Maß­nah­me her­an­ge­zo­gen wer­den. Schließ­lich stel­le sich die Maß­nah­me wegen der unter­ge­ord­ne­ten Bedeu­tung des Infek­ti­ons­um­felds „Gast­stät­te” als unver­hält­nis­mä­ßi­ger Ein­griff in die Berufs­frei­heit dar.

Gegen die Beschlüs­se kann Beschwer­de beim Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg ein­ge­legt wer­den (Beschlüs­se vom 15. Okto­ber 2020 (VG 14 L 422/20 und VG 14 L 424/20).

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