Nürn­berg: Flücht­lin­ge kla­gen gegen die BAMF-Handyauswertung

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - BAMF - Schild - Tor - Eingang Foto: Eingang des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Meh­re­re Flücht­lin­ge kla­gen mit Hil­fe der Gesell­schaft für Frei­heits­rech­te e.V. gegen die Han­dy­aus­wer­tung des Bun­des­am­tes für Migra­ti­on und Flüchtlinge.

An den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten in Han­no­ver, Ber­lin und Stutt­gart reich­ten Anwäl­te nach eige­nen Anga­ben im Namen von Flücht­lin­gen aus Syri­en, Afgha­ni­stan und Kame­run Kla­gen gegen das Aus­le­sen der Daten von Mobil­te­le­fo­nen ein. Die Zei­tun­gen der Fun­ke-Medi­en­grup­pe (Diens­tag­aus­ga­ben) konn­ten eine der Kla­ge­schrif­ten vor­ab einsehen.

„Das BAMF miss­ach­tet die hohen ver­fas­sungs­recht­li­chen Vor­ga­ben, an die der Staat beim Zugriff auf per­sön­li­che Daten gebun­den ist”, sag­te Lea Beck­mann von der Gesell­schaft für Frei­heits­rech­te im Gespräch mit den Fun­ke-Zei­tun­gen. Die Aus­wer­tung der Han­dys durch das Bun­des­amt las­se „sehr umfas­sen­de Schlüs­se über das Nut­zungs­ver­hal­ten eines Geflüch­te­ten zu”.

Das Amt habe mit Hil­fe der Ana­ly­se-Soft­ware Zugriff auf Daten, Kon­tak­te, Ruf­num­mern, Fotos, Apps, Adres­sen von Web­sei­ten und E‑Mail-Adres­sen, so Beck­mann. Zugleich habe sich das Instru­ment als „untaug­lich” erwie­sen, da etwa Daten tech­nisch oft­mals nicht aus­ge­le­sen wer­den könn­ten. In der Kla­ge­schrift heißt es zudem: „Anders als sons­ti­ge Beweis­mit­tel in Gerichts­ver­fah­ren kann die Qua­li­tät und Zuver­läs­sig­keit der Daten­trä­ger­aus­wer­tung über­haupt nicht über­prüft oder in Zwei­fel gezo­gen werden.”.

Das Bun­des­amt für Migra­ti­on und Flücht­lin­ge hat seit Anfang 2019 bis Ende April 2020 nach eige­nen Anga­ben rund 11.756 Daten­trä­ger von Asyl­an­trag­stel­lern aus­ge­le­sen und in einem soge­nann­ten „Daten­tre­sor” gespei­chert. In gut 4.000 Fäl­len wer­te­te das Amt die Daten tat­säch­lich aus.

Ein Voll­ju­rist und Mit­ar­bei­ter der Behör­de muss die­se Maß­nah­me vor­her geneh­mi­gen. In 60 Pro­zent der Fäl­le erga­ben sich nach Anga­ben des Bun­des­am­tes „kei­ne zusätz­li­chen Erkennt­nis­se”, die für das Asyl­ver­fah­ren rele­vant sind. In 38 Pro­zent der Fäl­le bestä­ti­gen die aus­ge­wer­te­ten Daten die Anga­ben des Geflüch­te­ten. Und nur bei zwei Pro­zent wider­le­gen die Ana­ly­sen die Aus­sa­gen. 2020 sind die nicht ver­wert­ba­ren Ergeb­nis­se der Daten-Ana­ly­se sogar noch auf 67 Pro­zent gestiegen.

Seit 2017 kann das Bun­des­amt per Gesetz die Han­dys von Asyl­an­trag­stel­lern aus­le­sen, wenn der Flücht­ling sich bei der Asyl­be­hör­de nicht aus­wei­sen kann, etwa durch einen Rei­se­pass oder ein ande­res Doku­ment. Das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um nann­te die Han­dy­aus­wer­tung auf Nach­fra­ge der Fun­ke-Zei­tun­gen in die­sen Fäl­len „die ein­zi­ge oder jeden­falls eine wich­ti­ge Quel­le für die Fest­stel­lung der Iden­ti­tät und Staats­an­ge­hö­rig­keit einer Per­son”. Durch enge Vor­ga­ben wer­de die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit des Ein­griffs in die Per­sön­lich­keits­rech­te des Asyl­su­chen­den gewahrt.

Das BAMF sprach eben­falls von einer „wert­vol­len Mög­lich­keit”, um die Aus­sa­gen von Schutz­su­chen­den im Asyl­ver­fah­ren zu bestä­ti­gen. Zugleich sei die Han­dy­ana­ly­se in ande­ren Fäl­len eine „wert­vol­le Erkennt­nis­quel­le” für „Indi­zi­en zur Wider­le­gung” von Aus­sa­gen durch den Asyl­su­chen­den. Die Flücht­lin­ge wür­den beim Aus­le­sen des Mobil­te­le­fons über ihre „Mit­wir­kungs­pflicht” infor­miert, gab das BAMF an. Die Han­dy­da­ten wür­den „im Bei­sein” der betrof­fe­nen Per­son gespeichert.

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