EU-Gip­fel: Öster­reich droht mit Blo­cka­de der Abschlusserklärung

Öster­reich droht die gemein­sa­me Abschluss­erklä­rung der EU-Staats- und Regie­rungs­chefs in die­ser Woche beim Tref­fen des Euro­päi­schen Rats in Brüs­sel zu blo­ckie­ren, falls kei­ne kon­kre­ten Ver­ein­ba­run­gen zu Migra­ti­ons­fra­gen erzielt wer­den soll­ten. „Es braucht end­lich ein kla­res und deut­li­ches Bekennt­nis zur Ver­stär­kung des Außen­grenz­schut­zes und zum Ein­satz ent­spre­chen­der finan­zi­el­ler Mit­tel aus dem EU-Bud­get dafür, sonst wird Öster­reich die Schluss­fol­ge­run­gen des Euro­päi­schen Rates nicht mit­tra­gen kön­nen”, sag­te Öster­reichs kon­ser­va­ti­ver Bun­des­kanz­ler Karl Neh­mam­mer (ÖVP) der „Welt” (Mitt­wochs­aus­ga­be). Es sei genug dar­über gespro­chen worden. 

Nun müss­ten „end­lich kon­kre­te Schrit­te fol­gen”. Es sei „höchs­te Zeit” gewe­sen, dass Migra­ti­on wie­der oben auf der Tages­ord­nung des Euro­päi­schen Rats ste­he, „aber jetzt geht es dar­um, dass auch kon­kre­te Maß­nah­men fol­gen”, so Neham­mer wei­ter. Meh­re­re Staa­ten sol­len im Vor­feld des EU-Gip­fels auf kon­kre­te Fort­schrit­te bei den Bera­tun­gen drän­gen, mit dem Ziel, die im ver­gan­ge­nen Jahr wie­der stark ange­stie­ge­ne undo­ku­men­tier­te Migra­ti­on ein­zu­däm­men. „Dass das Asyl­sys­tem kaputt ist, das sehen auch etli­che ande­re EU-Mit­glieds­staa­ten so wie wir. Daher haben wir das in einem gemein­sa­men Schrei­ben im Vor­feld des Son­der-Gip­fels an Prä­si­dent Michel und Prä­si­den­tin Von der Ley­en gerich­tet”, so der öster­rei­chi­sche Bun­des­kanz­ler. Das Schrei­ben, das auf den 6. Febru­ar (Mon­tag) datiert ist, haben außer Neham­mer noch sie­ben wei­te­re Staats- und Regie­rungs­chefs unter­zeich­net (Däne­mark, Est­land, Litau­en, Lett­land, Mal­ta, Grie­chen­land, Slo­wa­kei). Die EU-Spit­zen­po­li­ti­ker for­dern dar­in mehr kon­kre­te Unter­stüt­zung der EU-Kom­mis­si­on und ein stär­ke­res Enga­ge­ment der EU-Grenz­schutz­agen­tur Fron­tex beim Außen­grenz­schutz, aber auch mehr Abschie­bun­gen durch eine ver­bes­ser­te Zusam­men­ar­beit mit den Tran­sit- und Her­kunfts­staa­ten. Zudem soll­te, so die For­de­rung, auch viel stär­ker die Visa­po­li­tik als Hebel ein­ge­setzt wer­den, um die Rück­nah­me­be­reit­schaft der betrof­fe­nen Dritt­staa­ten zu ver­bes­sern. Wört­lich heißt es in dem Schrei­ben: „Unse­rer Ansicht nach ist das gegen­wär­ti­ge Asyl­sys­tem zer­rüt­tet und es pro­fi­tie­ren davon vor allem die zyni­schen Men­schen­schmugg­ler, die aus dem Unglück von Frau­en, Män­nern und Kin­dern einen Vor­teil zie­hen.” Die acht Staats- und Regie­rungs­chefs ver­lan­gen „schnellst­mög­lich Fort­schrit­te beim gesam­ten EU-Migra­ti­ons- und Asyl­pakt und eine Revi­si­on des Schen­gen-Grenz­codes und eine Eini­gung auf Geset­zes­vor­ha­ben, die die Situa­ti­on bei der Migra­ti­on adres­sie­ren”. Neham­mer dräng­te in der „Welt” vor allem auf deut­li­che Ver­bes­se­run­gen beim Schen­gen-Sys­tem für grenz­frei­es Rei­sen. Etwa drei Vier­tel der mehr als 100.000 Asyl­an­trags­stel­ler im ver­gan­ge­nen Jahr in Öster­reich waren laut Kanz­ler Neham­mer zuvor nicht in einem ande­ren EU- und/oder Schen­gen­land regis­triert wor­den. „Das ist ein mas­si­ves Sicher­heits­pro­blem für die gesam­te Euro­päi­sche Uni­on.” Wenn Zehn­tau­sen­de die EU und Schen­gen­län­der durch­que­ren könn­ten, ohne kon­trol­liert zu wer­den, so zei­ge das, „dass Schen­gen nicht funk­tio­niert, aber auch, dass das EU-Asyl­sys­tem geschei­tert ist.” Neham­mer for­der­te einen neu­en Umgang in der EU mit dem Migra­ti­ons­pro­blem: „Die Fak­ten wer­den oft negiert, wer­den schön­ge­re­det. Dem müs­sen wir ein Ende berei­ten – sei­en wir ehr­lich und legen wir die Fak­ten auf den Tisch, dann wer­den wir auch zu Lösun­gen kom­men.” Es sei klar, dass unter­schied­li­che Lösun­gen nötig sind, abhän­gig davon, ob Län­der eine Land­gren­ze oder eine See­gren­ze besit­zen. (dts Nachrichtenagentur)

Foto: Fah­ne von Öster­reich, über dts Nachrichtenagentur

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