Hawa­la-Schat­ten­netz­werk in Euro­pa aufgespürt

Ber­lin (dts Nach­rich­ten­agen­tur) – Frü­he­re Mit­ar­bei­ter eines west­li­chen Geheim­diens­tes haben ein Hawa­la-Netz­werk ent­deckt, das Euro­pa mit West­afri­ka und dem Nahen Osten ver­bin­det. Die Ermitt­ler, die auf Ter­ro­ris­mus­fi­nan­zie­rung spe­zia­li­siert sind, haben ihre gesam­mel­ten Infor­ma­tio­nen aus ein­ein­halb Jah­ren Recher­che in die­ser Woche der Guar­dia Civil in Spa­ni­en über­ge­ben. Die „Welt” berich­tet darüber. 

„Tires” heißt dem­nach das Schat­ten­netz­werk, das Ahmed A. und sein Geschäfts­part­ner Azman M. hoch­ge­zo­gen haben. Beträ­ge bis zu 50.000 Euro kön­ne er jeder­zeit über­all ver­mit­teln, sag­te er. Und er sei dabei, zu expan­die­ren, um noch höhe­re „Über­wei­sun­gen” täti­gen zu kön­nen. A. stu­dier­te in Liby­en und lebt seit 2007 in Spa­ni­en. Er hat sich auf ille­ga­le Geld­trans­fers von Euro­pa nach West­afri­ka und umge­kehrt spe­zia­li­siert. Er und sein Geschäfts­part­ner sit­zen in Spa­ni­en, ein Ver­wand­ter von A. arbei­tet von Alge­ri­en aus. „Euro­pa mit sei­nen viel­fäl­ti­gen Migran­ten­ge­mein­den, die Hawa­la aus ihrer Hei­mat ken­nen, ist ein Dreh- und Angel­punkt die­ser Netz­wer­ke”, sag­te ein frü­he­rer Abtei­lungs­lei­ter eines west­li­chen Geheim­diens­tes der „Welt”. Die Finanz­ermitt­ler stie­ßen auf Hawa­la-Über­wei­sun­gen mit „Tires” aus zahl­rei­chen euro­päi­schen Län­dern, dar­un­ter Deutsch­land, Bel­gi­en, Est­land, Frank­reich, Groß­bri­tan­ni­en, Ita­li­en, die Nie­der­lan­de und Spa­ni­en, wie auch aus den Golf­staa­ten in die West­sa­ha­ra. Zudem gab A. ihnen zufol­ge an, er kön­ne jeder­zeit Bar­geld aus und in den Liba­non ver­schie­ben. Bei Ter­ro­ris­mus-Exper­ten löst die­ser Fund Alarm aus. Denn die Regi­on um die West­sa­ha­ra ist durch­setzt mit Able­gern von Al-Qai­da bis Isla­mi­scher Staat. Und Iran dehnt sei­nen Ein­fluss in West­afri­ka aus. Marok­ko beschul­digt die ira­ni­sche Regie­rung, Mili­zen in der West­sa­ha­ra zu unter­stüt­zen, die eine Unab­hän­gig­keit der Regi­on for­dern und gegen marok­ka­ni­sche Sicher­heits­kräf­te kämp­fen. Poli­sa­rio-Mit­glie­der sol­len von Tehe­ran mit Boden-Luft-Rake­ten und Droh­nen ver­sorgt wor­den sein. Die mit Iran ver­bün­de­te His­bol­lah habe Camps in Alge­ri­en errich­tet, in der sie Poli­sa­rio-Kämp­fer aus­bil­de. Sicher­heits­krei­se gehen davon aus, dass Ter­ror­at­ta­cken gegen west­li­che Staats­bür­ger auf afri­ka­ni­schem Boden zuneh­men wer­den. Die Aus­bil­dung und Unter­stüt­zung loka­ler Mili­zen kos­tet aber viel Geld. Iran und die His­bol­lah haben durch die west­li­chen Sank­tio­nen kei­nen direk­ten Zugang zum inter­na­tio­na­len Finanz­sys­tem. Außer­dem wol­len sie ihre Ter­ro­ris­mus­fi­nan­zie­rung in Afri­ka so gut es geht ver­schlei­ern. Des­halb grei­fen sie auf Hawa­la-Netz­wer­ke zurück. Es ist bis­her nicht bewie­sen, dass das Hawa­la-Netz­werk „Tires” von der His­bol­lah genutzt wird. Die anfäng­li­chen Ermitt­lun­gen deu­ten jedoch dar­auf hin. Wer Geld in die West­sa­ha­ra trans­fe­rie­ren will, kommt an Ahmed A. und sei­nen „Hawal­a­da­ren” kaum vor­bei. Und dass er eine posi­ti­ve Hal­tung gegen­über Iran, His­bol­lah und den Poli­sa­rio-Kämp­fern pflegt, macht Ahmed A. auf sei­ner eige­nen Face­book-Sei­te deut­lich. Dort ist er mit Ver­tre­tern der Miliz aus der West­sa­ha­ra befreun­det und auch mit Ver­bin­dungs­leu­ten zwi­schen Fren­te Poli­sa­rio und His­bol­lah. Mehr­fach bekun­de­te Ahmed A. sei­ne Sym­pa­thie für das Iran. Das „stand sei­nen Ver­bün­de­ten in den dun­kels­ten Zei­ten zur Sei­te und befin­det sich im Wür­ge­griff”, schreibt Ahmed A. Gemeint sind wohl die west­li­chen Sank­tio­nen gegen das Regime in Tehe­ran – die durch Hawa­la-Ban­king umgan­gen wer­den kön­nen. Hawa­la ist Ara­bisch für Wech­sel oder Zah­lungs­an­wei­sung. Ein altes, mus­li­mi­sches Über­wei­sungs­sys­tem, das allein auf Ver­trau­en basiert. Es ist eine gute Metho­de für Migran­ten, um schnell Geld an ihre Ver­wand­ten in der Hei­mat zu schi­cken, in der es teil­wei­se kein funk­tio­nie­ren­des Ban­ken­sys­tem gibt. Ande­rer­seits ist es der Alp­traum jedes Finanz­ermitt­lers. Denn sei­ne Anony­mi­tät macht Hawa­la zum bevor­zug­ten Instru­ment für Mafia-Ban­den, die damit etwa Dro­gen­geld waschen. Und für Ter­ror­or­ga­ni­sa­tio­nen, die damit Anschlä­ge finan­zie­ren. 200 Mil­li­ar­den US-Dol­lar, schätzt das Bun­des­fi­nanz­mi­nis­te­ri­um, flie­ßen jedes Jahr durch die­se Schat­ten­ban­ken um die Welt. In Deutsch­land ist die­se Zah­lungs­me­tho­de erst seit dem Jahr 2018 strafbar.

Foto: Euro- und Dol­lar­schei­ne, über dts Nachrichtenagentur

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