Poli­tik: Bun­des­tags­vi­ze Roth für Aus­stieg aus EU-Türkei-Abkommen

Claudia Roth - Grünen - Politikerin - Bundestagsvizepräsidentin Foto: Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Bun­des­tags­vi­ze­prä­si­den­tin Clau­dia Roth hat einen Aus­stieg aus dem EU-Tür­kei-Flücht­lings­ab­kom­men sowie stär­ke­ren wirt­schaft­li­chen Druck auf den tür­ki­schen Prä­si­den­ten Recep Tayyip Erdo­gan gefor­dert, um ihn im Nord­sy­ri­en-Kon­flikt zum Ein­len­ken zu bewegen.

„Es wäre ein Anfang, wenn die Bun­des­re­gie­rung den Ein­marsch unmiss­ver­ständ­lich als völ­ker­rechts­wid­rig ver­ur­tei­len wür­de”, sag­te Roth der „Welt” (Mon­tags­aus­ga­be). „Und dann ist da noch der Flüchtlingsdeal.”

Es sei uner­träg­lich, wie erpres­se­risch Erdo­gan hier auf­tre­te. „Wenn Euro­pa glaub­wür­dig sein will, müs­sen wir die­sen asyl­rechts­wid­ri­gen Deal auf­kün­di­gen”, so Roth. „Recep Tayyip Erdo­gan nimmt Kriegs­flücht­lin­ge und auch uns als poli­ti­schen Pfand für sei­ne wahn­wit­zi­ge Großmachtpolitik.”

Erfor­der­lich sei außer­dem ein voll­um­fäng­li­cher Stopp aller Rüs­tungs­expor­te aus Deutsch­land und der EU, inklu­si­ve der Auf­he­bung bereits erteil­ter Geneh­mi­gun­gen. „Schon im August die­ses Jah­res hat­ten wir mehr expor­tiert als in jedem Jahr seit 2005.” Das ver­sto­ße nicht nur gegen die eige­nen Export­richt­li­ni­en: Es sei „voll­kom­men irre”, so Roth. „Was Erdo­gan tat­säch­lich weh­tun wür­de, ist wirt­schaft­li­cher Druck – gera­de die Ver­wei­ge­rung von Export­kre­dit­ga­ran­tien, soge­nann­ten Her­mes-Bürg­schaf­ten”, sag­te die Grü­nen-Poli­ti­ke­rin wei­ter. „Seit dem Ein­marsch in Afrin hat die Bun­des­re­gie­rung der­ar­ti­ge Bürg­schaf­ten in Höhe von 2,6 Mil­li­ar­den Euro gewährt. Das muss aufhören.”

Roth zeig­te sich skep­tisch gegen­über der For­de­rung von SPD-Frak­ti­ons­chef Rolf Müt­zenich, Erdo­gan wegen des Ein­mar­sches in Nord­sy­ri­en vor den Inter­na­tio­na­len Straf­ge­richts­hof zu brin­gen: „Weder die Tür­kei noch Syri­en erken­nen den Gerichts­hof an, eben­so wenig wie übri­gens die USA und Russ­land. Ermitt­lun­gen wären also prin­zi­pi­ell nur nach einem Beschluss des UN-Sicher­heits­rats möglich.”

Die Grü­nen-Poli­ti­ke­rin äußer­te sich besorgt über ein Wie­der­auf­flam­men gewalt­tä­ti­ger Aus­ein­an­der­set­zun­gen zwi­schen Tür­ken und Kur­den in Deutsch­land. „Erdo­gan hat schon immer ver­sucht, Deutsch­land als Spiel­feld für sei­ne natio­na­lis­ti­sche Stim­mungs­ma­che zu miss­brau­chen. Die­ser natio­na­lis­ti­sche Over­kill auch bei uns macht mir gro­ße Sor­gen, eben­so wie die rie­si­ge Ver­zweif­lung der Men­schen mit kur­di­schen Wur­zeln.” Roth ver­lang­te: „Die Bun­des­re­gie­rung und auch die NATO müs­sen deut­lich machen: Wir unter­stüt­zen Erdo­gan nicht, er darf kei­nen Bei­stand erwar­ten – und wir ste­hen an der Sei­te der­je­ni­gen, die Angst um ihre Ver­wand­ten in den kur­di­schen Gebie­ten haben.” Die Bun­des­tags­vi­ze­prä­si­den­tin kri­ti­sier­te auch die „erra­ti­schen Manö­ver” des US-Prä­si­den­ten Donald Trump. „Wir müs­sen fest­stel­len: Die USA sind kein ver­trau­ens­wür­di­ger Bünd­nis­part­ner mehr.”

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