Kran­ken­kas­sen: Mitt­ler­wei­le höchs­tes Defi­zit seit 2003

Techniker Krankenkasse - TK - Habsburgerring - Eingang - Pilgrimstraße - Köln-Altstadt-Süd Foto: Habsburgerring Eingang der Techniker Krankenkasse (Köln-Altstadt)

Die gesetz­li­chen Kran­ken­kas­sen in Deutsch­land kom­men mitt­ler­wei­le immer weni­ger mit ihren Ein­nah­men aus.

Vor­läu­fi­gen Zah­len zufol­ge hat sich das Defi­zit im ver­gan­ge­nen Jahr um etwa eine Mil­li­ar­de Euro auf 2,5 Mil­li­ar­den Euro erhöht, also um fast zwei Drit­tel, berich­tet die „Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung” (Frei­tag­aus­ga­be) unter Beru­fung auf Kas­sen­ver­bän­de. Dem­nach schrie­ben 2020 unter allen Ver­si­che­rungs­ar­ten die Ersatz­kas­sen das schlech­tes­te Ergeb­nis mit minus 1,1 Mil­li­ar­den Euro, 834 Mil­lio­nen davon fie­len allein im 4. Quar­tal an.

Nur gering­fü­gig bes­ser sah es bei den All­ge­mei­nen Orts­kran­ken­kas­sen aus, deren Unter­de­ckung rund eine Mil­li­ar­de Euro betrug. Das Defi­zit der AOK ist zwar im vier­ten Quar­tal 2020 etwas zurück­ge­gan­gen, hat sich im Gesamt­jahr gegen­über 2019 aber mehr als ver­acht­facht. Die Innungs­kran­ken­kas­sen tra­ten 2020 mit minus 250 Mil­lio­nen Euro auf der Stel­le (2019: minus 231 Mil­lio­nen). Bei der Knapp­schaft über­stie­gen 2020 die Aus­ga­ben die Ein­nah­men um 138 Mil­lio­nen Euro. Das bedeu­te­te eine Aus­wei­tung im Vor­jah­res­ver­gleich um fast das Zwei­ein­halb­fa­che. Von den Betriebs­kran­ken­kas­sen und den land­wirt­schaft­li­chen Kas­sen lagen zunächst kei­ne Zah­len für das Gesamt­jahr vor. Die BKK-Fami­lie hat­te in den ers­ten drei Quar­ta­len ein Nega­tiv­er­geb­nis von 95 Mil­lio­nen ein­ge­fah­ren, die Agrar­kas­sen schaff­ten als ein­zi­ge ein klei­nes Plus von 45 Millionen.

Das ers­te „Coro­na-Jahr” war für die gesetz­li­che Kran­ken­ver­si­che­rung somit auch aus finan­zi­el­ler Sicht ein „Annus Hor­ri­bi­lis”. Zuletzt war die Lage 2003 schlech­ter mit minus 3,4 Mil­li­ar­den Euro. Seit­dem hat­te die GKV in 12 von 16 Jah­ren Über­schüs­se erzielt. Zunächst sah die Lage 2020 noch recht gut aus, para­do­xer­wei­se wegen der Pan­de­mie: Da die Kran­ken­häu­ser vie­le teu­re Ope­ra­tio­nen ver­scho­ben, da die Reha­kli­ni­ken und Arzt­pra­xen leer­blie­ben, spar­te das Sys­tem an Aus­ga­ben, wäh­rend die im Vor­jahr fest­ge­leg­ten Ein­nah­men wei­ter­lie­fen. Im ers­ten Halb­jahr erziel­ten die Kas­sen daher einen Über­schuss von fast 1,3 Mil­li­ar­den Euro. Im drit­ten Quar­tal aber kam ein schwe­rer Ein­bruch auf minus drei Mil­li­ar­den, an den sich im vier­ten Quar­tal ein wei­te­rer um fast 900 Mil­lio­nen anschloss.

Die Kas­sen erklä­ren das zum einen mit Nach­hol­ef­fek­ten in der sta­tio­nä­ren und ambu­lan­ten Betreu­ung, für die sie jetzt ver­spä­tet zah­len müs­sen, sowie mit zusätz­li­chen Coro­na-Kos­ten. Als ein wich­ti­ger Grund wird aber auch genannt, dass ganz unab­hän­gig von der Pan­de­mie vie­le von Gesund­heits­mi­nis­ter Jens Spahn ange­scho­be­ne Refor­men die Aus­ga­ben im Gesund­heits­we­sen stär­ker in die Höhe trie­ben als die Einnahmen.

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