NRW: Kampf gegen Clan­kri­mi­na­li­tät geht weiter

Landtag Nordrhein Westfalen - NRW - Flaggen - Europa - Regenbogen - Deutschland - NRW Foto: Hissende Flaggen vor dem Landtag NRW (Düsseldorf)

Das nord­rhein-west­fä­li­sche Lan­des­kri­mi­nal­amt hat das Lage­bild Clan­kri­mi­na­li­tät für das Jahr 2022 vorgelegt.

Hier­aus gehen ein Anstieg der Straf­ta­ten sowie ein Anstieg der Tat­ver­däch­ti­gen mit Clan­be­zug her­vor. Ins­ge­samt wur­den für das Berichts­jahr 6.573 Straf­ta­ten mit Clan­be­zug regis­triert. Das ist eine Stei­ge­rung um 20,3 Pro­zent im Ver­gleich zum Vor­jahr (2021: 5.462). 30,9 Pro­zent der Straf­ta­ten sind soge­nann­te Roh­heits­de­lik­te wie bei­spiels­wei­se Raub, Bedro­hung oder Kör­per­ver­let­zung und Straf­ta­ten gegen die per­sön­li­che Frei­heit, wie etwa Frei­heits­be­rau­bung. Dezi­diert neu­ar­ti­ge Struk­tu­ren im Bereich der Clan­kri­mi­na­li­tät wer­den in die­sem Lage­bild (noch) nicht betrachtet.

Roh­heits­de­lik­te und Straf­ta­ten gegen die per­sön­li­che Frei­heit (2.031) haben 2022 im Ver­gleich zum Vor­jahr (1.529) ist um 32,8 Pro­zent zuge­nom­men, wäh­rend die­se Delik­te ins­ge­samt – ähn­lich wie im Vor­jahr – ein knap­pes Drit­tel aus­ma­chen. 14,9 Pro­zent der regis­trier­ten Straf­ta­ten waren Ver­mö­gens- und Fäl­schungs­de­lik­te (981). 14,6 Pro­zent der Straf­ta­ten waren Dieb­stäh­le (958). Hier ist mit einem Plus von 78,4 Pro­zent eine gro­ße Fall­zah­len­stei­ge­rung zu ver­zeich­nen (2021: 537).

Das LKA NRW hat zudem einen Anstieg bei der Anzahl der Tat­ver­däch­ti­gen regis­triert. Ins­ge­samt wur­den 4.035 Tat­ver­däch­ti­ge mit Clan­be­zug gezählt. Das ist ein Anstieg um 11,2 Pro­zent im Ver­gleich zum Vor­jahr (2021: 3.629). Die Tat­ver­däch­ti­gen sind ganz über­wie­gend männ­lich (81,1 Pro­zent) und zwi­schen 26 und 30 Jah­re alt. Im Jahr 2022 hat­ten ins­ge­samt 2.156 (53,4 Pro­zent) Tat­ver­däch­ti­ge die deut­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit, 672 (16,7 Pro­zent) der Tat­ver­däch­ti­gen wie­sen die syri­sche Staats­an­ge­hö­rig­keit auf, 550 (13,6 Pro­zent) die liba­ne­si­sche. Im Ver­gleich zum Vor­jahr ist der Anteil syri­scher Tat­ver­däch­ti­ger um 2,5 Pro­zent­punk­te gestie­gen (2021: 517; 14,2 Prozent).

Die nord­rhein-west­fä­li­sche Poli­zei hat im Jahr 2022 im Rah­men von 615 Raz­zi­en über 1.570 Objek­te kon­trol­liert, dar­un­ter (jeweils über) 220 Shi­sha-Bars, 60 Restau­rants, 30 Spiel­hal­len und 90 Wett­bü­ros. 23,2 Pro­zent der Objek­te wur­den unmit­tel­bar durch die Behör­den geschlos­sen, unter ande­rem wegen feh­len­der Kon­zes­sio­nen, auf­grund von Hygie­ne­män­geln oder wegen bau­recht­li­cher Män­gel. Im Rah­men der Kon­trol­len bei Gewer­be­be­trie­ben fer­tig­ten Poli­zei­be­am­tin­nen und Poli­zei­be­am­te mehr als 820 Straf­an­zei­gen. Auch sie­ben Straf­ta­ten zum Nach­teil von Voll­stre­ckungs­be­am­ten wur­den erfasst.

Die meis­ten Straf­ta­ten im Bereich der Clan­kri­mi­na­li­tät wur­den im Ruhr­ge­biet in den Zustän­dig­keits­be­rei­chen der Kreis­po­li­zei­be­hör­den Essen (11,2 Pro­zent), Reck­ling­hau­sen (8,4 Pro­zent) und Gel­sen­kir­chen (6,6 Pro­zent) registriert.

Im Berichts­jahr 2022 hat sich die Arbeit der Sicher­heits­ko­ope­ra­ti­on Ruhr (SiKo-Ruhr) erneut bezahlt gemacht. Dazu gehö­ren ins­be­son­de­re die behör­den­über­grei­fen­de Ver­net­zung, der Wis­sens­trans­fer sowie die gemein­sa­me Aus- und Bewer­tung von Infor­ma­tio­nen. Die SiKo-Ruhr unter­stütz­te in einem Ermitt­lungs­ver­fah­ren der Bun­des­po­li­zei­di­rek­ti­on Kle­ve, so dass die­ser eine gro­ßer Ermitt­lungs­er­folg gelang: Es konn­ten sie­ben tür­kisch-ara­bisch­stäm­mi­ge Tat­ver­däch­ti­ge aus dem Clan-Milieu aus dem Raum Essen, Aachen und Bre­men ermit­telt wer­den. Im Jahr 2020 sol­len sie über 1.400 hoch­wer­ti­ge Mar­ken­staub­sauger im Wert von cir­ca 600.000 Euro gestoh­len und anschlie­ßend wei­ter­ver­kauft haben.

Im aktu­el­len Lage­bild wur­de die Zahl der Clan­na­men von 113 auf 116 erwei­tert. Das LKA NRW wer­tet das Phä­no­men Clan­kri­mi­na­li­tät (bis­lang) auf Grund­la­ge einer namens­ge­bun­de­nen Recher­che aus. Die in der bun­des­weit in poli­zei­li­chen Gre­mi­en abge­stimm­te Defi­ni­ti­on gefor­der­te fami­liä­re oder eth­ni­sche Ver­bun­den­heit wird dabei durch einen gemein­sa­men Nach­na­men als gege­ben ange­se­hen. Basis für die Namens­lis­te ist eine Ein­schät­zung der regio­na­len Ana­ly­se- und Aus­wer­te­dienst­stel­len für Orga­ni­sier­te Kri­mi­na­li­tät in Nord­rhein-West­fa­len für den Betrachtungszeitraum.

2018 ver­öf­fent­lich­te das LKA NRW erst­ma­lig ein Lage­bild Clan­kri­mi­na­li­tät und erstellt die­ses seit­dem jähr­lich. Die Lage­dar­stel­lung basiert auf den erfass­ten Straf­ta­ten der Poli­zei, die von Tat­ver­däch­ti­gen mit einem von den Ermitt­lungs­be­hör­den als clan­re­le­vant defi­nier­ten Fami­li­en­na­men began­gen wur­den. Im Lage­bild 2022 wer­den aus­schließ­lich kri­mi­nel­le Ange­hö­ri­ge tür­kisch-ara­bi­scher Groß­fa­mi­li­en erfasst, sofern Bezü­ge zum Liba­non oder zur Bevöl­ke­rungs­grup­pe der Mhal­la­mi­ye vor­lie­gen. Das LKA NRW ist – vor dem Hin­ter­grund kri­mi­nal­po­li­zei­li­cher Erkennt­nis­se und der jün­ge­ren gewalt­tä­ti­gen Aus­ein­an­der­set­zun­gen in Cas­trop-Rau­xel und Essen – damit beauf­tragt, zu prü­fen, inwie­fern eine Betrach­tung bezie­hungs­wei­se eine Erwei­te­rung des Lage­bil­des um kri­mi­nel­le Ange­hö­ri­ge ande­rer bis­her nicht erfass­ter Clan­struk­tu­ren kri­mi­nal­fach­lich als gebo­ten erscheint.

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