Brexit: Medi­ka­men­ten­eng­päs­se in Deutsch­land wird wei­ter verschärft

Tabletten - Pillen - Medikamente - Verpackung Foto: Medikamente in Verpackungen, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Die deut­schen Arz­nei­mit­tel­im­por­teu­re erwar­ten durch den Brexit eine wei­te­re Ver­schär­fung der Medi­ka­men­ten­eng­päs­se in Deutschland.

„Die Knapp­heit am euro­päi­schen Arz­nei­mit­tel­markt könn­te sich im nächs­ten Jahr mit dem Aus­tritt Groß­bri­tan­ni­ens aus der EU noch ver­schär­fen. Wir befürch­ten, dass wir nach dem Brexit nicht mehr in Groß­bri­tan­ni­en Medi­ka­men­te ein­kau­fen kön­nen. Gleich­zei­tig kann Groß­bri­tan­ni­en wei­ter in der EU Medi­ka­men­te ein­kau­fen. Dann ist der Markt schnell im Ungleich­ge­wicht”, sag­te Jörg Gel­ler, Vor­stand des Ver­bands der Arz­nei­mit­tel-Impor­teu­re Deutsch­lands (VAD) und Prä­si­dent des euro­päi­schen Dach­ver­bands der Arz­nei­mit­tel­im­por­teu­re (EAEPC), den Zei­tun­gen der Fun­ke-Medi­en­grup­pe (Sams­tags­aus­ga­ben).

Groß­bri­tan­ni­en sei heu­te nach Frank­reich das zweit­wich­tigs­te Ein­kaufs­land für Medi­ka­men­te. Aktu­ell sind 274 Lie­fer­eng­päs­se beim Bun­des­in­sti­tut für Arz­nei­mit­tel und Medi­zin­pro­duk­te gemel­det. 2018 kamen 12,9 Pro­zent aller ver­schrei­bungs­pflich­ti­gen Arz­nei­mit­tel in Deutsch­land aus dem Import. Die Ein­spa­run­gen für die Kran­ken­kas­sen und Pati­en­ten bezif­fert Gel­ler auf rund 264 Mil­lio­nen Euro.

Gel­ler for­dert die Poli­tik auf, den Druck auf die Phar­ma­kon­zer­ne zu erhö­hen. „Ziel muss sein, dass die Her­stel­ler die not­wen­di­ge Men­ge an Medi­ka­men­ten pro­du­zie­ren, damit die Waren­ver­sor­gung in Euro­pa wie­der funk­tio­niert. Es muss eine Pflicht für eine län­ge­re Lager­reich­wei­te geben und eine Pflicht, die Knapp­heit früh­zei­tig zu mel­den.” Es sei nicht nach­voll­zieh­bar, dass ein so rei­ches Land wie Deutsch­land mit einer Arz­nei­mit­tel­knapp­heit kämp­fen müsse.

Die Ursa­che der Medi­ka­men­ten­eng­päs­se lie­ge bei den Her­stel­lern. „Die Phar­ma­her­stel­ler ver­ur­sa­chen die Knapp­heit, weil sie zu wenig Medi­ka­men­te her­stel­len und auf den Markt brin­gen”, sag­te Gel­ler. „Vie­le Her­stel­ler schot­ten durch Quo­tie­run­gen und Rabatt­ver­trä­ge bei patent­ge­schütz­ten Prä­pa­ra­ten die Märk­te zusätz­lich ab. Man­che Pro­du­zen­ten schlie­ßen sogar gan­ze Län­der von der Belie­fe­rung aus, weil ihnen dort die Ver­kaufs­prei­se zu nied­rig sind. Dadurch wird künst­lich eine Knapp­heit erzeugt.”

Der SPD-Gesund­heits­exper­te Karl Lau­ter­bach for­dert ein Gesetz, um Eng­päs­se zu ver­mei­den. „Schon im Rah­men der Rabatt­ver­trä­ge müss­ten Sank­tio­nen ver­ein­bart wer­den, soll­ten Lie­fe­run­gen nicht ein­ge­hal­ten wer­den.” Kom­me es zu Umstel­lun­gen für Pati­en­ten, müs­se die Preis­dif­fe­renz vom Her­stel­ler bezahlt wer­den, des­sen Medi­ka­ment nicht ver­füg­bar ist. „Es darf nicht wei­ter­hin so sein, dass Pati­en­ten bei Eng­päs­sen zuzah­len müs­sen, wäh­rend die Her­stel­ler dafür nicht zur Kas­se gebe­ten werden.”

Für Medi­ka­men­te und Wirk­stof­fe, bei denen immer wie­der Eng­päs­se auf­tau­chen, soll­te die Pro­duk­ti­on am bes­ten nach Deutsch­land zurück­ver­la­gert wer­den, so Lau­ter­bach. „Ohne Gesetz ver­än­dert sich hier nichts.” Die Her­stel­ler sind nach Wor­ten von Lau­ter­bach die Haupt­schul­di­gen der Arz­nei­mit­tel­eng­päs­se: „Die Phar­ma­un­ter­neh­men kal­ku­lie­ren zu knapp und neh­men Eng­päs­se bil­li­gend in Kauf, um am Ende dar­aus noch Gewin­ne zu schla­gen. Ver­lie­rer sind die Pati­en­ten, Ver­si­cher­ten und Ärz­te, die unter der pro­ble­ma­ti­schen Ver­sor­gungs­la­ge lei­den und durch Zuzah­lun­gen zur Kas­se gebe­ten werden.”

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