Die Corona-Pandemie hat im ersten Halbjahr bei den Allgemeinen Ortskrankenkassen zu einem deutlichen Überschuss geführt.
Laut eines Berichts des „Redaktionsnetzwerks Deutschland” (Mittwochsausgaben) erzielten die AOK-Kassen bis Ende Juni ein Plus von 320 Millionen Euro. Im ersten Quartal gab es hingegen noch ein Defizit von 435 Millionen. Ursache ist ein bisher noch nie dagewesener Einbruch bei der Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen nach Beginn der Pandemie.
So wurden im Frühjahr praktisch alle planbaren Operationen in den Krankenhäusern verschoben, um Intensivbetten für Corona-Patienten frei zu halten. Aus Angst vor einer Ansteckung vermieden zudem viele Versicherte den Besuch beim Arzt oder beim Therapeuten. Die Leistungsausgaben je Versicherten im „Corona-Quartal” von April bis Ende Juni stiegen daher nur sehr leicht um 1,6 Prozent. Im Vorjahresquartal gab es noch ein Plus von 3,4 Prozent. Einen solchen Ausgabenknick habe es seit Bestehen der Quartalsstatistik noch nicht gegeben, hieß es bei der AOK. Experten gehen davon aus, dass es auch bei den anderen Kassenarten – Ersatzkassen, Innungskrankenkassen und Betriebskrankenkassen – eine derartige Entwicklung gegeben hat.
Der Chef des AOK-Bundesverbandes, Martin Litsch, warnte allerdings vor falschen Rückschlüssen. „Die Kassen werden zunächst weiter auf Sicht fahren müssen, denn das Finanzergebnis des zweiten Quartals ist bloß eine Momentaufnahme. Der weitere Verlauf des Jahres 2020 ist noch nicht abzusehen”, sagte er dem RND. „Auf der Ausgabenseite sehen wir zwar in fast allen Leistungsbereichen starke Fallzahl-Rückgänge, bei denen unklar ist, ob und wann es dazu vergleichbare Nachholeffekte geben wird. Gleichzeitig müssen wir aber mit etlichen Extraposten rechnen”, sagte Litsch.
So stemme die gesetzliche Krankenversicherung über den Einsatz der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds die Finanzierung der zusätzlichen Intensivbetten, den Bonus für Pflegekräfte und die Covid-19-Testungen der Bevölkerung. Die PKV sei daran nicht beteiligt, kritisierte er. „Zugleich haben sich die Beitragseinnahmen im Gesundheitsfonds kritisch entwickelt und es ist abzusehen, dass sie deutlich unter den Planungen bleiben werden”, sagte der AOK-Chef. Wichtig sei daher die Zusage zusätzlicher Bundesmittel von 3,5 Milliarden Euro für dieses Jahr. „Ob das aber ausreicht, müssen wir sehen. Dazu befinden wir uns mit dem Bundesgesundheitsminister im Dialog”.