Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hält die von Bundesfinanzminister Olaf Scholz geplante Fortführung des Solidaritätszuschlags nur für Besserverdiener für nicht mit der Verfassung vereinbar.
Am 1. Januar 2020 laufe der Solidarpakt II aus, der bisher die Finanzzuwendungen für die neuen Bundesländer regele, sagte Papier der Wochenzeitung „Die Zeit”. „Ich halte es für verfassungsrechtlich unzulässig, den Solidaritätszuschlag über dieses Datum hinaus zu erheben. Diese Einwände gelten auch dann, wenn er wie jetzt vom Bundesfinanzminister geplant abgeschmolzen wird”, so der Ex-Verfassungsrichter weiter.
Scholz hat diese Woche einen Gesetzentwurf vorgelegt, der den Solidaritätszuschlag für die Mehrheit der Steuerzahler abschafft. Spitzenverdiener müssen ihn aber weiter bezahlen. Nach Einschätzung von Papier ist der Solidaritätszuschlag dazu da, um die durch die Einheit ausgelöste vorübergehende Sonderbelastung für den Bundeshaushalt abzufedern.
Nun solle aber eine als sozial ungerecht empfundene Einkommensteuerbelastung korrigiert werden. „Das kann man wollen, aber dann muss man das Einkommensteuerrecht formal ändern. Man kann nicht einfach eine Ergänzungsabgabe zweckentfremden”, sagte Papier. Wer höhere Steuern wolle, der solle „das sagen und dafür Mehrheiten organisieren”. Wenn die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag, wie von einigen Ökonomen vorgeschlagen, für den Klimaschutz ausgegeben werden sollen, dann könne der Bund nicht einfach die bestehende Abgabe fortführen, sondern müsse einen eigenen Klimasoli einführen, so der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsgerichts weiter. „Theoretisch könnte der Bund in einem ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahren eine neue Ergänzungsabgabe beschließen – diesmal für das Klima”, sagte Papier der Wochenzeitung „Die Zeit”.