Köln: Poli­zei darf Video­über­wa­chung am Ebert­platz fortsetzen

Gefängnis - Kamera - Mauer - Sicherheitskamera - Dach Foto: Sicht auf eine Kamera an einer Gefängniswand, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Die Poli­zei muss die Video­über­wa­chung des Ebert­plat­zes vor­erst nicht ein­stel­len. Dies hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln bekanntgegeben.

Anläss­lich der Vor­komm­nis­se in der Köl­ner Sil­ves­ter­nacht 2015/2016 über­wacht die Poli­zei mit fest instal­lier­ten Video­ka­me­ras seit 2017 Berei­che vor dem Haupt­bahn­hof und dem Dom sowie die Köl­ner Rin­ge. Seit 2019 wur­de die Video­über­wa­chung auf wei­te­re öffent­li­che Berei­che aus­ge­wei­tet (Neu­markt, Ebert­platz, Bres­lau­er Platz, Wie­ner Platz). Dies wird damit begrün­det, dass es sich um Kri­mi­na­li­täts­schwer­punk­te han­de­le und nur mit der Beob­ach­tung durch die Kame­ras und die Video­auf­zeich­nun­gen Straf­ta­ten effek­tiv ver­hin­dert wer­den könnten.

Hier­ge­gen wen­det sich ein Köl­ner Bür­ger seit län­ge­rem mit meh­re­ren Kla­gen und Eil­an­trä­gen. Zuletzt hat­te das Gericht einem Eil­an­trag auf Ein­stel­lung der Video­über­wa­chung am Bres­lau­er Platz bis zur Ent­schei­dung im Haupt­sa­che­ver­fah­ren statt­ge­ge­ben und einen ent­spre­chen­den Antrag zum Neu­markt abge­lehnt. Bei­de Ver­fah­ren sind der­zeit nach Ein­le­gung von Beschwer­den beim Ober­ver­wal­tungs­ge­richt in Müns­ter anhän­gig (Az.: 5 B 137/21 und 5 B 264/21).

Hin­sicht­lich des Ebert­plat­zes hat­te der Antrag­stel­ler im Haupt­an­trag bean­tragt, der Poli­zei bis zum Abschluss des Kla­ge­ver­fah­rens (Az.: 20 K 6707/20) zu unter­sa­gen, den Platz mit­tels Video­ka­me­ras zu beob­ach­ten und Bild­auf­zeich­nun­gen zu fer­ti­gen und zu spei­chern. Dies ver­let­ze ihn in sei­nem Grund­recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbstbestimmung.

Dem ist das Ver­wal­tungs­ge­richt Köln nicht gefolgt. Zur Begrün­dung hat es aus­ge­führt, dass die Vor­aus­set­zun­gen des Poli­zei­ge­set­zes NRW für die ange­grif­fe­ne Video­über­wa­chung am Ebert­platz vor­lä­gen, weil es sich um einen „Brenn­punkt der Stra­ßen­kri­mi­na­li­tät” han­de­le. Dort las­se sich sowohl im Ver­gleich zum gesam­ten Köl­ner Stadt­ge­biet als auch in abso­lu­ten Zah­len eine signi­fi­kan­te Häu­fung von Straf­ta­ten aus dem Bereich der Stra­ßen­kri­mi­na­li­tät (ins­be­son­de­re Gewalt‑, Eigentums‑, Sexu­al- und BTM-Delik­te) fest­stel­len. Im Jahr 2019 und dem ers­ten Halb­jahr 2020 sei­en ca. 1 % aller in Köln began­ge­nen Stra­ßen­kri­mi­na­li­täts­de­lik­te am Ebert­platz ver­zeich­net wor­den. 2017 und 2019 sei es auf der Platz­flä­che zu zwei voll­ende­ten Tötungs­de­lik­ten gekom­men. In abso­lu­ten Zah­len sei­en in den genann­ten Zeit­räu­men 907 bzw. 284 Delik­te aus dem Bereich der Stra­ßen­kri­mi­na­li­tät am Ebert­platz fest­ge­stellt wor­den. Wäh­rend damit an die­sem Platz jedes 100. Stra­ßen­kri­mi­na­li­täts­de­likt in Köln began­gen wor­den sei, wer­de am Bres­lau­er Platz, den die Kam­mer nicht für einen Stra­ßen­kri­mi­na­li­täts­brenn­punkt hält, nur jedes 500. ent­spre­chen­de Delikt began­gen. Auch die Beschaf­fen­heit des Ebert­plat­zes, ins­be­son­de­re mit vie­len Zugän­gen zur U‑Bahn als Flucht­mög­lich­keit für poten­ti­el­le Täter, begüns­ti­ge die Bege­hung von Straftaten.

Die Video­über­wa­chung des Ebert­plat­zes sei auch ver­hält­nis­mä­ßig. Zwar stel­le sie einen erheb­li­chen Ein­griff in das Recht auf infor­ma­tio­nel­le Selbst­be­stim­mung dar, ins­be­son­de­re weil von ihr grund­sätz­lich unter­schieds­los alle Per­so­nen erfasst wür­den, die sich im über­wach­ten Bereich auf­hiel­ten. Die­se Beein­träch­ti­gung sei jedoch durch das über­wie­gen­de öffent­li­che Inter­es­se an der Ver­hin­de­rung und Ver­fol­gung von Straf­ta­ten der Stra­ßen­kri­mi­na­li­tät gerecht­fer­tigt. Zum einen sei die Live-Beob­ach­tung über Kame­ras wegen der „Vogel­per­spek­ti­ve” und der Zoom­mög­lich­kei­ten effek­ti­ver als eine Beob­ach­tung durch Poli­zei­kräf­te vor Ort. Zum ande­ren ermög­lich­ten die Auf­nah­men die Iden­ti­fi­zie­rung von Straf­tä­tern und stell­ten ein ver­läss­li­che­res Beweis­mit­tel als Zeu­gen­aus­sa­gen dar.

Das Gericht hat die Poli­zei in sei­nem Beschluss aller­dings ver­pflich­tet sicher­zu­stel­len, dass Ein­gän­ge zu Wohn- und Geschäfts­räu­men, Fens­ter zu Wohn- und Geschäfts­räu­men, soweit die­se eine Ein­sicht in das Inne­re die­ser Räum­lich­kei­ten ermög­li­chen, und die Kenn­zei­chen der den Videobe­reich befah­ren­den Kraft­fahr­zeu­ge unkennt­lich gemacht bzw. ver­pi­xelt wer­den und damit dem Hilfs­an­trag des Antrag­stel­lers stattgegeben.

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