Etwa jede dritte vorgeschriebene Lebensmittelkontrolle in Deutschland fällt aus, weil es den Aufsichtsbehörden am notwendigen Personal fehlt.
Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Verbraucherorganisation Foodwatch, über die die „Welt” (Mittwochsausgabe) und der „Bayerische Rundfunk” berichten. Die Organisation hatte die rund 400 Behörden, die auf kommunaler Ebene für Hygienekontrollen zuständig sind, zu ihrer personellen Ausstattung und der Zahl ihrer Kontrollbesuche befragt.
Den Aussagen der Behörden zufolge fanden allein 2018 etwa eine Viertelmillion vorgesehener Besuche bei Restaurants, Imbissen oder Lebensmittelherstellern nicht statt. Mehr als 50 Ämter in Deutschland schafften den Umfrageergebnissen zufolge nicht einmal die Hälfte der vorgegebenen Kontrollbesuche. Besonders eklatant sind die Behörden in Berlin und Bremen unterbesetzt. Dort fiel mehr als die Hälfte der vorgesehenen Betriebsbesuche aus. „Die Behörden verstoßen damit massiv gegen die Vorgaben, die den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher sicherstellen sollen”, sagte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. „Das von Bund und Ländern angestrebte Verbraucherschutzniveau wird systematisch verfehlt.” Dies führe auch zu Wettbewerbsnachteilen für sauber arbeitende Betriebe. Lebensmittelskandale häufen sich.
Laut Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gab es 2018 in Deutschland 416 gemeldete lebensmittelbedingte Krankheitsausbrüche – acht Prozent mehr als 2015. Auf den Personalmangel in den Behörden weisen seit langem die Berufsverbände von Lebensmittelkontrolleuren und Amtsveterinären hin. Der erstere rechnete vor, bundesweit fehlten rund 1.500 Mitarbeiter in den Behörden.
Foodwatch beklagt, dass die deutschen Verbraucher sich nicht rechtlich dagegen wehren können, dass ein Großteil der Behörden ihrer gesetzlichen Pflicht zur Lebensmittelkontrolle aufgrund von Personalknappheit nur unzureichend nachkommen kann. „Es gibt schlichtweg keine Handlungsoption, wenn es nicht Unternehmen, sondern Behörden sind, die gegen Gesetze oder andere Vorschriften verstoßen”, sagte Geschäftsführer Rücker. Notwendig sei ein Verbandsklagerecht für Verbraucherverbände gegen Behörden.
Das Bundesverbraucherschutzministerium von Ministerin Julia Klöckner (CDU) verwies auf die alleinige Zuständigkeit der Bundesländer für die Personalausstattung der Behörden. „Die Ministerin hat die Bundesländer aufgefordert, für ausreichend Personalausstattung zu sorgen”, teilte das Haus auf Anfrage mit. Bayerns Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber (Freie Wähler), erklärte, in seinem Bundesland sei die Zahl der Stellen in der Veterinärverwaltung Ende November um 70 erhöht worden.