Russ­land: Deutsch­land sei Haupt­ziel rus­si­scher Desinformation

Moskauer Kreml - Kremlmauer - Burg - Türme - Russland Foto: Mauer des Kreml Moskau (Russland), Urheber: dts Nachrichtenagentur

Russ­land betreibt laut eines neu­en EU-Berichts angeb­lich eine sys­te­ma­ti­sche und umfas­sen­de Desinformationskampagne.

„Kein ande­rer EU-Mit­glied­staat wird so hef­tig durch Des­in­for­ma­ti­on ange­grif­fen wie Deutsch­land”, heißt es dem Bericht einer Task Force des Aus­wär­ti­gen Diens­tes der EU, über den die Zei­tun­gen der Fun­ke-Medi­en­grup­pe (Diens­tag­aus­ga­ben) berich­ten. Dem­nach haben die EU-Exper­ten seit 2015 über 700 Fäl­le geziel­ter Des­in­for­ma­ti­on aus Russ­land regis­triert, die Deutsch­land betra­fen – wäh­rend Frank­reich in rund 300 Fäl­len das Ziel war, Ita­li­en in etwa 170 und Spa­ni­en in min­des­tens 40 Fällen.

Der Report spricht von Deutsch­land als „Haupt­ziel rus­si­scher Des­in­for­ma­ti­on” und beschreibt eine sys­te­ma­ti­sche Kam­pa­gne, die sowohl auf for­mel­ler, poli­ti­scher Ebe­ne als auch durch regie­rungs­na­he Pro-Kreml-Medi­en aus­ge­führt wer­de. So schaf­fe der Kreml ein Bild von Deutsch­land, wo nur weni­ge geis­tig gesun­de Stim­men in einem Chor von irra­tio­na­ler „Rus­so­pho­bie” zu hören sei­en. Deut­sche Poli­ti­ker wür­den beschul­digt, einem Dia­log mit Russ­land aus­wei­chen zu wollen.

In einem der neu­es­ten Fäl­le beu­te­ten rus­si­sche Medi­en eine Fami­li­en­tra­gö­die in Ber­lin aus, bei der drei klei­ne Kin­der gegen den Wider­stand der rus­si­schen Eltern in die Obhut des Jugend­am­tes genom­men wor­den sei­en. In rus­si­schen Berich­ten wür­den schwe­re Vor­wür­fe gegen die deut­schen Behör­den erho­ben und behaup­te­tet, die Fami­lie wer­de als Reak­ti­on auf die Inhaf­tie­rung des rus­si­schen Kreml-Kri­ti­kers Ale­xej Nawal­ny unter Druck gesetzt. Deut­sche Stel­len wür­den in Deutsch­land leben­de Rus­sen sys­te­ma­tisch unter­drü­cken, hei­ße es in diver­sen Berichten.

Der EU-Report wirft Mos­kau „Dop­pel­zün­gig­keit” vor: Der Kreml und die Füh­rung des Außen­mi­nis­te­ri­ums erklär­ten ihre Bereit­schaft zum Dia­log und hät­ten die längs­te Zeit auch Deutsch­land als Unter­stüt­zer eines Koope­ra­ti­ons­kur­ses gewür­digt – doch gleich­zei­tig wür­den die­se Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen erlaubt. Die „Dop­pel­zün­gig­keit”, die der Brüs­se­ler Bericht mit dem Stich­wort „Deutsch­land ver­leum­den, Deutsch­land umwer­ben” umschreibt, wer­de sys­te­ma­tisch und gezielt umge­setzt: „Sie soll Unsi­cher­heit schaf­fen und Zwie­tracht säen, den rus­si­schen Offi­zi­el­len Spiel­raum ver­schaf­fen”, schrei­ben die Exper­ten. Jüngs­te Kam­pa­gnen hät­ten nur weni­ge Tage nach dem Besuch des EU-Außen­be­auf­trag­ten Josep Bor­rell in Mos­kau begon­nen, heißt es weiter.

Der Besuch gilt als Tief­punkt der Bezie­hun­gen zwi­schen der Euro­päi­schen Uni­on und Russ­land, weil Bor­rell von sei­nem Gast­ge­ber, Außen­mi­nis­ter Ser­gej Law­row, öffent­lich sehr scharf ange­gan­gen wor­den war und Russ­land zeit­gleich EU-Diplo­ma­ten aus­ge­wie­sen hat­te. In neu­en Berich­ten kreml­na­her Medi­en wer­de nun bei­spiels­wei­se unter­stellt, deut­sche Behör­den hät­ten der Ehe­frau von Nawal­ny, Yuli­ya Nawal­nya, bei ihrer jüngs­ten Rei­se nach Deutsch­land „Instruk­tio­nen” erteilt. Oder es wer­de anhand gefälsch­ter Doku­men­te behaup­tet, Nawal­nya sei deut­sche Staats­bür­ge­rin. In die­sen und ande­ren Geschich­ten wer­de Deutsch­land stets ent­we­der als Draht­zie­her von Aktio­nen gegen Russ­land dar­ge­stellt oder als dum­me Mario­net­te. Par­al­lel hat­te die Spre­che­rin des rus­si­schen Außen­mi­nis­te­ri­ums vori­gen Monat den Exper­ten zufol­ge erklärt, Deutsch­land stre­be die voll­stän­di­ge Ein­däm­mung Russ­lands an und wol­le für die Umset­zung die­ser Stra­te­gie die EU benutzen.

Die Task Force des Aus­wär­ti­gen Diens­tes wur­de auf Beschluss der EU-Staats- und Regie­rungs­chefs 2015 nach dem fak­ti­schen Anschluss der Krim an Russ­land ein­ge­setzt, um rus­si­sche Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen auf­zu­de­cken. Inzwi­schen beob­ach­tet sie auch ande­re staat­li­che Akteu­re, etwa in Chi­na. Zuletzt hat­te die Exper­ten­grup­pe beklagt, dass Russ­land und ande­re Akteu­re zu Beginn der Coro­na-Pan­de­mie die EU mit Des­in­for­ma­tio­nen über­schwemmt und ver­sucht hät­ten, „Ver­wir­rung, Panik und Angst zu verschärfen”.

Anmer­kun­gen zum Bei­trag? Hin­weis an die Redak­ti­on sen­den.