Kom­men­tar: Mahn­wa­che-Grup­pie­rung war stets für eine fried­li­che Demo

Mahnwache - Demonstration - Köln - August 2019 - Kerzen - Botschaften - Kuscheltiere - Domplatte - Köln-Innenstadt Foto: Kerzen, Botschaften, Plüschtiere und mehr zur Mahnwache (Köln-Innenstadt)

Am Köl­ner Haupt­bahn­hof wur­de eine Mahn­wa­che im Bezug auf den Vor­fall in Frank­furt abge­hal­ten. Vie­le Emo­tio­nen, Ver­är­ge­run­gen und mehr waren im Spiel. Hier ein Kom­men­tar dazu.

Wenn man behaup­ten wür­de, dass der Stein durch eine Face­book-Grup­pe ins Rol­len kam, dass in Köln eben­falls eine Mahn­wa­che statt­fin­den soll, wäre es nicht gelo­gen. Seit dem 30.06.2019 (Diens­tag) gibt es die öffent­li­che Face­book-Grup­pe „#schütz­tun­se­re­kin­der Köln”, gegrün­det von „Ann Chris­tin Heger”. Dort wird von ihr von Anfang an schon klar gemacht, dass „freund­lich mit­ein­an­der umge­gan­gen” wer­den soll und „wer nicht hört, der fliegt”.

Heger hat es sich zur Auf­ga­be gemacht, eine fried­li­che Mahn­wa­che in Köln auf der Dom­plat­te (mit) zu orga­ni­sie­ren und hat es auch mit meh­re­ren, öffent­li­chen Face­book-Pos­tings und sogar ‑Vide­os zum Aus­druck gemacht. Ange­mel­det wur­de die Mahn­wa­che von einer Pri­vat­per­son – wahr­schein­lich von Heger – und zu die­sem Zeit­punkt wur­den unge­fähr mit 50 bis 100 Teil­neh­mer gerech­net. Die Face­book-Grup­pe hat zum aktu­el­len Zeit­punkt über 1.000 Mitglieder.

Zwi­schen Diens­tag und Don­ners­tag han­deln sich die meis­ten, öffent­li­chen Face­book-Pos­tings in der Grup­pe von Fahr­ge­mein­schaf­ten und Koor­di­na­ti­ons­ab­spra­chen. Wet­ter­pro­gno­sen, wie man Bahn­stei­ge siche­rer machen kann und eini­ges mehr wur­den dort auch ver­öf­fent­licht und bespro­chen – auch über die ver­gan­ge­ne Mahn­wa­che in Frankfurt.

Doch am Frei­tag kippt die Stim­mung: Immer wie­der liest man, dass man sich nicht pro­vo­zie­ren las­sen soll, dass die Pres­se fal­sche Mel­dun­gen über die Mahn­wa­che ver­öf­fent­licht und eini­ges mehr. Doch was ist pas­siert? Neben der Mahn­wa­che, die am Frei­tag um 20:00 Uhr begin­nen soll, haben sich wei­te­re Betei­lig­te ange­mel­det. Rech­te Grup­pie­run­gen möch­ten eben­falls erschei­nen, das Bünd­nis „Köln gegen Rechts” möch­te sich betei­li­gen und auch von der Anti­fa war die Rede. Die Mahn­wa­che und auch Heger hat sich aus­drück­lich davon distan­ziert. In einem öffent­li­chen Video sag­te Heger: „Seit heu­te Mor­gen errei­chen uns ganz vie­le Nach­rich­ten, Kom­men­ta­re und Screen­shots von gewis­sen Pos­tings – ich möch­te sagen: Wir distan­zie­ren uns ganz klar, ganz klar von der Sei­te der NPD, von der, der mit damit zusam­men­hän­gen­den Pro­pa­gan­da für unse­re Mahnwache.”.

Auf­grund man­geln­der Kom­mu­ni­ka­ti­on und fal­sche Inter­pre­ta­tio­nen man­cher gehen wel­che davon aus, dass die Mahn­wa­che Köln der Face­book-Grup­pe sich mit den Rech­ten zusam­men­tun oder mit dem Bünd­nis „Köln gegen Rechts” koope­rie­ren. Am besag­ten Frei­tag vor der Kund­ge­bung ging es also drun­ter und drü­ber. Vie­le Emo­tio­nen und auch Wut waren hier im Spiel. Ver­ständ­lich. Da möch­te man ganz neu­tral (Anmer­kung: „Neu­tral” im Sin­ne von, dass man sich weder als links oder als rechts ansieht) eine Mahn­wa­che abhal­ten und schon gibt es „Gegen­de­mons­tra­tio­nen”. Zum The­ma „Demons­tra­ti­on” als Wort möch­te ich auch noch was sagen: Der Unmut wur­de sei­tens der Mahn­wa­che-Grup­pie­rung auch groß, wenn man das Wort „Demo” bezie­hungs­wei­se „Demons­tra­ti­on” statt „Mahn­wa­che” ver­wen­de­te. Hier ein Zitat aus dem Duden zum Wort „Mahn­wa­che”: „Zusam­men­kunft von Per­so­nen, die an einem öffent­li­chen Ort gegen etwas pro­tes­tie­ren […]” – und was machen Demons­tran­ten auf einer Demons­tra­ti­on? Pro­tes­tie­ren. Ich kann ver­ste­hen, dass es wel­che (oder vie­le) gibt, die das Wort „Demo” bezie­hungs­wei­se „Demons­tra­ti­on” als nega­tiv asso­zi­ie­ren. Leu­te, die die­se Wör­ter ver­wen­den, soll­te man nicht von Grund auf abwer­ten und soll­te unbe­dingt auf den Kon­text achten.

Man­che Leu­te sind mitt­ler­wei­le aber so auf­ge­heizt und sind völ­lig aus der Fas­sung. So hat man die ein oder ande­re Web­sei­te an den Pran­ger gestellt oder wie in unse­rem Fall mit einem Anwalt gedroht. Wir erhiel­ten eine Mail­box­nach­richt zu dem Bei­trag „Köln: Mahn­wa­che auf der Dom­plat­te nach Gleis-Atta­cke in Frank­furt” von uns. Zitat: „Schön guten Tag. Wir geben Ihnen eine hal­be Stun­de Zeit, den Arti­kel über die Demons­tra­ti­on heu­te Abend aus dem Inter­net zu neh­men. Wir wür­den auch ger­ne wis­sen, woher Sie die­se Infor­ma­ti­on haben. Wie Sie auch aus sämt­li­chen Vide­os ent­neh­men kön­nen: Es ist weder einer rechts, noch einer links. Sie begin­nen Ruf­mord. Ruf­mord, Unter­stel­lung und, dass hat auch nichts mehr mit Ihrer Pres­se­frei­heit zu tun. Wir wer­den auch gegen Sie gericht­lich vor­ge­hen, weil das ist ein Ding der Unmög­lich­keit. Wenn Sie es so nötig haben Ihre Berich­te zu schrei­ben und im Inter­net zu ver­öf­fent­li­chen, dann müs­sen wir Ihnen auch das Hand­werk legen. Hand­werk legen nicht im Form von Gewalt, son­dern, ja, recht­lich, weil, dass ist, ein Mensch wie Sie darf über­haupt gar kei­ne… Fas­sungs­los. Fas­sungs­los. Wie gesagt: 30 Minu­ten haben Sie Zeit, es aus den Inter­net­sei­ten zu ent­fer­nen. Recht­li­che Schrit­te wur­den schon ein­ge­lei­tet. In die­sem Sin­ne: Einen wun­der­schö­nen guten Abend.”. Ja, fas­sungs­los, fas­sungs­los. Die­ses Wort beschreibt genau das, was ich war, nach­dem ich die­se Mail­box­nach­richt abge­ru­fen hat­te. Die­ser Fall zeigt ein­deu­tig, dass wel­che mit zu vie­len Emo­tio­nen auf­ge­la­den sind und in der Eupho­rie Äpfel mit Bir­nen ver­glei­chen. Wenn man Nach­rich­ten von gro­ßen Blät­ter sieht bezie­hungs­wei­se hört, wo gesagt wird: „Wir mel­den uns live aus Köln, denn hier fin­det seit weni­ge Minu­ten eine Mahn­wa­che statt. […] Und hier haben rech­te Grup­pie­run­gen im Netz zur Teil­nah­me auf­ge­ru­fen.” kann man schon ver­ste­hen, dass man hier und dort mal was durch­ein­an­der bringt und wohl alle ver­ur­teilt, die dar­über berich­ten. Wir gehen davon aus, dass der Mann denkt, dass wir die Mahn­wa­che als rech­te Grup­pie­rung anse­hen (Anmer­kung: Nein, tun weder wir, noch ich). Wenn man sich jetzt mal vor­stellt, dass man im Inter­net „über­all” fal­sche Nachrichten/Wahrheiten sieht von Men­schen, die gar nicht in die­sem The­ma invol­viert sind, kommt man schon mal aus der Fas­sung und kann Sachen falsch inter­pre­tie­ren – so wie in eini­gen Fäl­len, die man in der öffent­li­chen Face­book Grup­pe nach ver­fol­gen konn­te, sowie in unse­rem Fall im Bezug auf die Mail­box­nach­richt. Ergän­zung vom 03.08.2019 um 12:57 Uhr: Mitt­ler­wei­le haben wir durch Recher­chen her­aus­ge­fun­den, wer uns die­se Mail­box­nach­richt hin­ter­las­sen hat. Wir gehen aber mitt­ler­wei­le davon aus, dass die Per­son es selbst ein­ge­se­hen hat, dass die ursprüng­li­che Behaup­tung, dass wir die Mahn­wa­che Köln als links/rechts ein­stu­fen, falsch ist.

Nach­dem die Zeit immer näher rückt, sich am Haupt­bahn­hof zu bewe­gen, um an der Dom­plat­te die Mahn­wa­che aus­zu­füh­ren, wird die Stim­mung immer ruhi­ger. Man liest im Inter­net und in der Grup­pe, dass man sich auf dem Weg macht, wo genau man sich tref­fen soll und ähn­li­che­re Inhal­te. Eini­ge sind auch ent­setzt, dass es so eine gro­ße Poli­zei­prä­senz gibt, obwohl man „nur” eine Mahn­wa­che abhal­ten möch­te. Die Mahn­wa­che-Grup­pie­rung klei­de­ten sich zum Teil in weiß (als Zei­chen des Frie­dens) und hiel­ten Bot­schaf­ten wie „Kein Frei­brief für Täter”, „Es Reicht !!!” oder „Gegen Gewalt auf unse­ren Stra­ßen” in die Luft. Hier und dort wur­den ein paar öffent­li­che Wor­te getä­tigt, das Bünd­nis „Köln gegen Rechts” auf der Steh­sei­te der Mahn­wa­che taten es eben­falls. Als die Schwei­ge­mi­nu­te ein­ge­lei­tet wur­de, kamen die Anti­fa (und ande­re Grup­pie­run­gen) in den Vor­der­grund: Sie rie­fen dazwi­schen und mach­ten ihren Stand­punkt klar – Die Mahn­wa­che-Grup­pie­rung ver­hielt sich aber immer noch ruhig und ent­spannt. Die Ver­samm­lungs­lei­te­rin der Mahn­wa­che been­de­te um 20:36 Uhr die Kund­ge­bung, die Teil­neh­mer ver­lie­ßen in klei­ne­re Grup­pen die Versammlungsfläche.

Die Poli­zei Köln schreibt ihr ihrer Pres­se­mit­tei­lung, dass es kei­ne „nen­nens­wer­te Stö­run­gen” gab. Die „Demons­tra­tio­nen in der Köl­ner Innen­stadt ver­lie­fen stö­rungs­frei”. Wäh­rend­des­sen hat im Inter­net und in der öffent­li­chen Face­book-Grup­pe die Run­de gemacht, dass die Sachen wie Ker­zen, Bot­schaf­ten, Plüsch­tie­re und mehr ent­fernt wer­den. Die offi­zi­el­len Grün­den sind nicht klar, angeb­lich aus Grün­den der Sicher­heit. Weil mich das per­sön­lich (auch) inter­es­siert, wie­so man es so schnell ent­fer­nen muss­te, wer­de ich Mon­tag bei der Stadt nach­fra­gen. Im Gesam­ten kann ich aber die Aus­sa­ge der Poli­zei Köln unter­strei­chen: Zumin­dest auf der Sei­te der Mahn­wa­che-Grup­pie­rung war es fried­lich und zeig­ten sich immer noch unpar­tei­isch. (rj)

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