Claus Weselsky hat dem Bahn-Management kurz vor Beginn des angekündigten fünftägigen Streiks Ahnungslosigkeit vorgeworfen.
„Die Eisenbahnerfamilie gibt es schon lange nicht mehr, und zwar seitdem wir von Verwaltungs- und Führungskräften überschwemmt werden und Menschen, die von Eisenbahn keine Ahnung haben”, sagte er dem Sender Phoenix. Die Führungsriege wolle Kollegen, „die ein Leben lang diesem Beruf und dieser Profession nachgehen, beibringen, wie die Eisenbahn schneller und besser laufen” könne, „und sie schaffen es nicht”.
Der Bahn AG warf Weselsky vor, sich nicht an den Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst zu orientieren: „Das Eisenbahnsystem […] hat an anderer Stelle wunderbare Tarifabschlüsse zustande gebracht, exakt mit den Kennzahlen des öffentlichen Dienstes.” Andere Eisenbahnverkehrsunternehmen hätten ebenfalls Umsatzausfälle durch Corona und erhielten staatliche Hilfen. Die Frage sei daher: „Warum geht es dort? Warum geht es im staatseigenen Konzern nicht? Die Antwort lautet: Weil eine Umverteilung stattfindet von unten nach oben, weil die Manager sich die Taschen vollhauen mit enormen Summen, mit enormer Altersvorsorge, und den kleinen Menschen die wenigen Euro wegnehmen wollen”, so der Vorwurf des GDL-Vorsitzenden.
Weselsky äußerte grundsätzlich seine Bereitschaft, an den Verhandlungstisch mit der Bahn AG zurückzukehren. Voraussetzung dafür sei allerdings „ein Ende der Trickserei und Täuscherei des Bahnvorstandes”. Er warf der Bahn vor, ihre Position seit dem 7. Juni nicht verändert und Bewegung nur „vorgegaukelt” zu haben: „Bis einschließlich heute hat die Arbeitgeberseite in der Frage der Laufzeit keine Bewegung gemacht, in der Frage der Corona-Prämie nichts.” Eine Corona-Prämie anzubieten, sei „kein Angebot im Sinne von Tarifverhandlungen”. Auch habe die Bahn keinerlei Zugeständnisse zur Fortsetzung der Betriebsrente gemacht. Kritik an den persönlichen Angriffen auf den Bahnchef wies der GDL-Chef zurück.