Lock­down: Kri­tik an Coro­na-Beschlüs­sen von Bund und Ländern

Bundestag - Sitzung - Saal - Sitze - Personen - Stühle - Versammlung Foto: Konstituierende Sitzung des Bundestages am 24.10.2017, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Nach der Minis­ter­prä­si­den­ten­kon­fe­renz hat es Kri­tik aus unter­schied­li­chen Lagern an den getrof­fe­nen Beschlüs­sen gegeben.

Kri­tik ins­be­son­de­re an der Ver­län­ge­rung des Lock­downs bis min­des­tens 07. März 2021. Der Öko­nom Gabri­el Fel­ber­mayr bezeich­ne­te das als „ent­täu­schend”. „Es ist rich­tig, nicht über­stürzt zu öff­nen. Aber das Feh­len eines Stu­fen­pla­nes ist sehr bedau­er­lich”, sag­te der Prä­si­dent des Kie­ler Insti­tuts für Welt­wirt­schaft den Zei­tun­gen der Fun­ke-Medi­en­grup­pe (Don­ners­tag­aus­ga­ben). Es wäre nun an der Zeit gewe­sen, klar vor­zu­le­gen, bei wel­chen Kenn­zif­fern wel­che wei­te­ren Öff­nun­gen mög­lich wer­den, sag­te er: „Damit hät­te man den schwer betrof­fe­nen Unter­neh­men und der zuneh­mend frus­trier­ten Bevöl­ke­rung Per­spek­ti­ven geben können”.

Zudem kri­ti­sier­te Fel­ber­mayr das Her­ab­set­zen des Schwel­len­werts für Locke­run­gen der Coro­na-Maß­nah­men von einer 50er-Inzi­denz auf nun­mehr 35. Dies „trägt die Gefahr, die Bevöl­ke­rung zu ent­mu­ti­gen”, beton­te der Öko­nom. Er bezeich­ne­te es als posi­tiv, dass Schul­öff­nun­gen prio­ri­siert wer­den und die Län­der dar­über ent­schei­den. Eine Eini­gung auf gemein­sa­me Inzi­denz­wer­te, nach denen auf Kreis­ebe­ne der Schul­be­trieb wie­der auf­ge­nom­men wird, wäre sei­ner Ansicht nach jedoch sinn­voll gewesen.

Leh­rer­ver­tre­ter haben die Ent­schei­dun­gen zur Öff­nung der Schu­len kri­ti­siert: „Es muss end­lich Schluss sein mit den Allein­gän­gen der Bun­des­län­der beim Schul­be­trieb”, sag­te der Prä­si­dent des Deut­schen Leh­rer­ver­bands, Heinz-Peter Mei­din­ger, eben­falls den Zei­tun­gen der Fun­ke-Medi­en­grup­pe. Unter­schied­li­ches Vor­ge­hen in den Län­dern schwä­che die Akzep­tanz poli­ti­scher Ent­schei­dun­gen und ver­stär­ke die ohne­hin gro­ße Ver­un­si­che­rung von Eltern, Schü­lern und Lehr­kräf­ten. Wich­tig, so Mei­din­ger, sei eine Öff­nungs­per­spek­ti­ve, „die ver­ant­wort­bar, ver­läss­lich und vor allem dau­er­haft ist”.

Schul­öff­nun­gen mit Prä­senz­un­ter­richt im Wech­sel­be­trieb dürf­ten erst dann erfol­gen, wenn in der jewei­li­gen Regi­on die Sie­ben-Tage-Inzi­denz unter 50 Fäl­len lie­ge. „Das soll­te eine bun­des­weit ein­heit­li­che Rege­lung sein”, for­der­te Meidinger.

Wenn ein Land wie Sach­sen mit einem Infek­ti­ons­ge­sche­hen weit über dem Bun­des­durch­schnitt ankün­di­ge, bereits am kom­men­den Mon­tag an den Grund­schu­len in den Prä­senz­be­trieb zu gehen, dann beru­he das „auf rein poli­ti­schen Erwä­gun­gen ohne Berück­sich­ti­gung viro­lo­gi­scher Erkennt­nis­se”, kri­ti­sier­te Mei­din­ger. Im schlimms­ten Fall, so der Leh­rer­ver­tre­ter, müss­ten durch eine zu frü­he Öff­nung die Schu­len wegen einer drit­ten Wel­le im April oder Mai noch­mals geschlos­sen wer­den. Dies kön­ne dazu füh­ren, dass die­ses Schul­jahr kom­plett abge­schrie­ben wer­den müs­se. Bund und Län­der hat­ten nach lan­gem Rin­gen die Fra­ge der Schul­öff­nun­gen in der Pan­de­mie zur Sache der Län­der erklärt und für die­sen Bereich kei­ne ver­bind­li­chen Öff­nungs­schrit­te formuliert.

Kri­tik kam auch von der Oppo­si­ti­on: „Wer erwar­tet hat, dass heu­te das Ver­spre­chen ein­ge­löst wird, den Men­schen eine kla­re Per­spek­ti­ve zu geben, der wur­de bit­ter ent­täuscht”, sag­te FDP-Vize Wolf­gang Kubicki der „Rhei­ni­schen Post” (Don­ners­tag). „Eine wirk­li­che Stra­te­gie, die über die ein­fäl­ti­ge Schlie­ßung und Ver­bo­te hin­aus­geht, fehlt nach über einem Jahr Pan­de­mie noch immer”, sag­te der Bun­des­tags­vi­ze­prä­si­dent. „Die Run­de der Regie­rungs­chefs hat heu­te ein Beschäf­ti­gungs­pro­gramm für Anwäl­te vor­ge­legt. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass vie­le Unter­neh­mer und Selbst­stän­di­ge ihre ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Rech­te ein­kla­gen wer­den. Der Unmut ist bei denen, die nicht jeden Monat auto­ma­tisch ihr Geld über­wie­sen bekom­men, zu Recht groß”, sag­te Kubicki.

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