Fünf Monate nach Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine lässt die Spendenbereitschaft in Deutschland allmählich nach.
Das ergab eine Umfrage des „Redaktionsnetzwerks Deutschland” bei deutschen und ukrainischen Hilfsorganisationen. So teilte „Brot für die Welt” mit, dass die Hilfsbereitschaft für die Betroffenen des Ukraine-Krieges weiterhin groß sei. „Nichtsdestotrotz sind die täglichen Spendeneingänge nicht mehr so hoch wie in den ersten Wochen des Krieges”, sagte Pressesprecher Thomas Beckmann. „Das ist unserer Erfahrung nach allerdings völlig normal und vergleichbar mit anderen Katastrophen”, sagte Beckmann. „Brot für die Welt” unterstützt die Menschen, die unter den Folgen des Ukraine-Kriegs leiden, zusammen mit seiner Schwesterorganisation Diakonie Katastrophenhilfe, die bisher rund 60 Millionen Euro an Spenden für Betroffene des Krieges erhalten hat.
Auch das Deutsche Rote Kreuz bestätigte „einen rückläufigen Trend in den eingehenden Spenden” diesbezüglich. „Diese Tendenz ist mit voranschreitender Zeit in Krisen- und Katastrophensituationen leider üblich”, sagte DRK-Kommunikationsreferentin Annkatrin Tritschoks. Da ein Ende des Krieges derzeit leider nicht absehbar sei, gehe man davon aus, dass „noch auf Jahre großer Unterstützungsbedarf bestehen wird”. Die Arbeit des DRK sei darauf ausgerichtet, humanitäre Hilfe auch dann zu leisten, wenn Krisen vielleicht aus dem Fokus der Öffentlichkeit gerückt sind.
Der in Berlin ansässige und vor allem von jungen Ukrainern getragene Verein Vitsche organisiert derzeit zwei Hilfskampagnen und spürt ebenfalls, dass die Spenden im Vergleich zur Anfangszeit im Frühjahr geringer werden. „Wir machen gerade die Erfahrung, dass kulturelle Veranstaltungen gut angenommen werden und dort auch die Spendenbereitschaft höher ist”, sagte eine Vitsche-Sprecherin. Auch würden konkrete projektbezogene Kampagnen von den Menschen besser unterstützt, beispielsweise wenn Geld für ein Auto gesammelt wird, dass freiwilligen Helfern in der nordukrainischen Stadt Charkiw zur Verfügung gestellt werden soll.
Thomas Mähnert, Mitglied des Bundesvorstands der Johanniter-Unfall-Hilfe, sagte: „Wir können aktuell keine nachlassende Spendenbereitschaft für unsere Ukraine-Hilfsaktivitäten feststellen.” Sicherlich müsse man aber in der zweiten Jahreshälfte mit entsprechenden Rückgängen rechnen, so Mähnert. Das hohe Level der Hilfsbereitschaft, wie es zu Beginn des Krieges zu verzeichnen war, sei nicht über viele Monate haltbar, hieß es bei der Caritas in Köln. „Wir stellen fest, dass mehr Menschen aus der privaten Unterbringung in kommunale Unterkünfte ziehen. Und wir stellen fest, dass weniger Sachspenden und Nachfragen ankommen”, sagte Irene Porsch, Flüchtlingsbeauftragte der Caritas im Erzbistum Köln. Dort würden sich bei der Caritas und der Aktion „Neue Nachbarn” mindestens 11.000 Menschen für Vertriebene aus der Ukraine und für Geflüchtete aus weiteren Ländern engagieren. Porsch: „Das findet täglich und hochverbindlich statt, und hier ist kein Rückgang festzustellen”.