Annalena Baerbock will mehr Druck auf Russland, eine Politik von Dialog und Härte auf China und die euro-atlantische Perspektive der Ukraine berücksichtigen.
Das sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung”. Außerdem warb sie für eine europäische Armee unter Aufsicht des Europaparlaments und beschrieb Schritte zu einer Denuklearisierung Deutschlands in Absprache mit seinen Verbündeten. In Bezug auf die jüngsten Drohgebärden des russischen Militärs an der Grenze zur Ukraine sagte Baerbock, das wichtigste sei jetzt „den Druck auf Russland zu erhöhen”. Der geplanten deutsch-russischen Ostseepipeline müsse „die politische Unterstützung entzogen” werden.
Zu den Wünschen der Kiewer Führung, die NATO möge sofort ein Aufnahmeprogramm für die Ukraine einleiten, stellte sie fest, souveräne Staaten könnten über ihre Bündnisse selbst entscheiden. „Dazu zählt auch die Perspektive einer Ukraine in der EU und in der NATO.” Das müsse auch die Botschaft an Moskau sein. Allerdings habe „die Stabilisierung unmittelbar jetzt” erst einmal Priorität. „Vorher sind Schritte zur NATO-Mitgliedschaft ohnehin nicht realistisch.”.
Das Verhältnis zu China beleuchtete Baerbock aus dem Blickwinkel eines „Wettstreits der Systeme: autoritäre Kräfte versus liberale Demokratien”. Das chinesische Projekt der Neuen Seidenstraße bestehe „nicht nur aus Nettigkeiten”. Das sei „knallharte Machtpolitik”. Der richtige Ansatz sei hier eine Mischung aus „Dialog und Härte”. China sei zu groß, um sich „komplett davon abschotten” zu können. Allerdings müssten die liberalen Demokratien ihre Werte hochhalten. Europa könne zum Beispiel „definieren, welche Produkte auf unseren Markt kommen, und wir können sagen: Produkte aus Zwangsarbeit kommen nicht auf unseren Markt”. Im Falle von Sicherheitsbedenken könne die EU auch die Zusammenarbeit mit chinesischen Elektronikanbietern eingrenzen. „Wenn die chinesische Regierung von chinesischen Konzernen, wie von Huawei zum Beispiel, verlangt, europäische Daten und Informationen weiterzugeben, können wir Produkte von solchen Herstellern nicht in europäische Infrastruktur einbauen”.
Zur Idee einer künftigen europäischen Armee sagte Baerbock, das grüne Grundsatzprogramm enthalte „Schritte in diese Richtung”. Allerdings sei die parlamentarische Kontrolle gegenwärtig noch ein „Knackpunkt” in der europäischen Diskussion. Deutschland habe da andere historische Erfahrungen als seine Nachbarn. Ihr Vorschlag sei, „hier das Europäische Parlament zu stärken”. Baerbock äußerte sich auch zum grünen Ziel einer „atomwaffenfreien Welt”. Sie stellte fest, „bloßes Hinausposaunen von Visionen” werde Deutschland nicht sicherer machen. Allerdings öffne sich gerade „ein Zeitfenster für wichtige erste Schritte”. Die neue US-Regierung und Russland hätten den New-Start-Vertrag zur nuklearen Abrüstung gerade um fünf Jahre verlängert. „Darauf wollen wir aufbauen und in diesem Zuge über die amerikanischen Atomwaffen in Europa sprechen”, sagte die Grünen-Vorsitzende. Das gehe „nur in einem NATO-Prozess”.