Grü­nen: Kri­tik wegen inter­ner Chats zur Flutkatastrophe

Bündnis 90 - Die Grünen - Parteitag - Politik - Tribüne - Aufsteller Foto: Sicht auf einen Parteitag der Bündnis 90/Die Grünen, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Die heu­ti­ge Fami­li­en­mi­nis­te­rin Anne Spie­gel steht wegen ihrer Rol­le wäh­rend der Flut­ka­ta­stro­phe im Ahrtal in der Kritik.

Die „Frank­fur­ter All­ge­mei­ne Zei­tung” wird in ihrer Mitt­woch­aus­ga­be über Chat­pro­to­kol­le berich­ten, die zei­gen sol­len, dass bei der dama­li­gen rhein­land-pfäl­zi­schen Umwelt­mi­nis­te­rin am Mor­gen des 15. Juli 2021 vor allem die Sor­ge um die eige­ne Dar­stel­lung in der Öffent­lich­keit im Vor­der­grund stand – und dass ihr womög­lich eine Ver­ant­wor­tung für die Kata­stro­phe ange­las­tet wer­de. Dem­nach soll Spie­gel an die Mit­ar­bei­ter der Pres­se­stel­le geschrie­ben haben, „das Bla­me Game könn­te sofort los­ge­hen, wir brau­chen ein Wor­ding dass wir recht­zei­tig gewarnt haben, wir alle Daten immer trans­pa­rent gemacht haben, ich im Kabi­nett gewarnt habe, was ohne unse­re Prä­ven­ti­ons­maß­nah­men und Vor­sor­ge­maß­nah­men alles noch schlim­mer gewor­den wäre etc.”.

Das Pro­blem: Von recht­zei­ti­ger War­nung konn­te wohl kei­ne Rede sein. Die Pres­se­stel­le des Minis­te­ri­ums hat­te am 14. Juli 2021 um 16:43 Uhr statt­des­sen eine Pres­se­mit­tei­lung ver­schickt, in der es hieß, es dro­he „kein Extrem­hoch­was­ser”. Bereits gegen 18:00 Uhr soll dann jedoch der zustän­di­ge Staats­se­kre­tär Erwin Manz an Mit­ar­bei­ter der Pres­se­stel­le geschrie­ben haben, die Mel­dung sei über­holt, es gebe nun doch ein Extrem­ereig­nis an der Ahr, dort sei ein Cam­ping­platz eva­ku­iert wor­den. Auf Nach­fra­ge einer Mit­ar­bei­te­rin der Pres­se­stel­le, ob des­we­gen etwas zu tun sei, soll Manz angeb­lich geant­wor­tet haben: „heu­te nicht”. Vom Umwelt­mi­nis­te­ri­um hieß es dazu am Diens­tag auf Nach­fra­ge: Es tref­fe zu, dass der Staats­se­kre­tär gegen 18:00 Uhr zu der Ein­schät­zung gekom­men sei, „dass die um 16:43 Uhr ver­sand­te Pres­se­mit­tei­lung über­holt war”. Die Aus­sa­ge, es sei „nichts zu tun” habe sich jedoch ledig­lich auf die Fra­ge bezo­gen, ob eine wei­te­re Pres­se­mel­dung sinn­voll sein könn­te. „Die Infor­ma­ti­on der Ein­satz­kräf­te vor Ort, die für die War­nung der Bevöl­ke­rung zustän­dig sind, war und ist jeder­zeit über die Mel­de­ket­te sicher­ge­stellt gewe­sen.” Pres­se­mit­tei­lun­gen sei­en nicht Teil des Meldeweges.

Spie­gel soll am nächs­ten Mor­gen geschrie­ben haben: „Ich traue es Roger (Lew­entz) zu, dass er sagt die Kata­stro­phe hät­te ver­hin­dert wer­den kön­nen, oder wäre nicht so schlimm gewor­den, wenn wir als Umwelt­mi­nis­te­ri­um frü­her gewarnt hät­ten, und dass es an uns liegt, weil wir die Situa­ti­on unter­schätzt hät­ten etc.”. Um kurz nach 06:00 Uhr mor­gens am 15. Juli 2021 hat­te zuvor eine Mit­ar­bei­te­rin der Pres­se­stel­le des Umwelt­mi­nis­te­ri­ums an Spie­gel per SMS geschrie­ben, die Lage sei „sehr ernst”, es sei in meh­re­ren Land­krei­sen der Kata­stro­phen­fall aus­ge­ru­fen wor­den, es wür­den Men­schen ver­misst. Ein ande­rer Mit­ar­bei­ter der Pres­se­stel­le soll dar­auf­hin an Spie­gel geschrie­ben haben, das Stark­re­gen­er­eig­nis wer­de „das beherr­schen­de The­ma”, „Anne braucht eine glaub­wür­di­ge Rol­le”, es dür­fe „nicht nach Instru­men­ta­li­sie­rung aussehen”.

Die „Anteil­nah­me macht MP” (Minis­ter­prä­si­den­tin Malu Drey­er), aber vom Umwelt­mi­nis­te­ri­um könn­ten Infor­ma­tio­nen zur Hoch­was­ser­la­ge und zu War­nun­gen kom­men. Es gel­te auf­zu­pas­sen, „dass MP und Roger” (gemeint sind Drey­er und der SPD-Innen­mi­nis­ter Roger Lew­entz „jetzt nicht Fünf-Punk­te-Plan gegen Stark­re­gen ent­wi­ckeln”. Spie­gel soll dar­auf geant­wor­tet haben: „Das deckt sich mit mei­nen Über­le­gun­gen.” Vom Umwelt­mi­nis­te­ri­um hieß es dazu am Diens­tag auf Nach­fra­ge, Spie­gel wer­de im Unter­su­chungs­aus­schuss „zu allen Fra­gen, die ihre per­sön­li­che Wahr­neh­mung betref­fen, Stel­lung neh­men”. Auch aus Respekt vor dem par­la­men­ta­ri­schen Ver­fah­ren wol­le man die­sem Vor­gang nicht vor­grei­fen. Spie­gel tritt am Frei­tag im Unter­su­chungs­aus­schuss auf. Bei der Flut­ka­ta­stro­phe star­ben in Rhein­land-Pfalz 134 Per­so­nen, mehr als 700 wur­den ver­letzt, vie­le Men­schen ver­lo­ren Hab und Gut.

Anmer­kun­gen zum Bei­trag? Hin­weis an die Redak­ti­on sen­den.