CDU und CSU gehen im Streit um ein neues Wahlrecht zur Verkleinerung des Bundestages auf die Ampelkoalition zu.
Das geht aus einem sogenannten „Blitz-Briefing” der Spitze der Unionsfraktion an ihre Abgeordneten hervor, über das die „Süddeutsche Zeitung” (Freitagsausgabe) berichtet. Der neue Vorschlag enthält ähnlich wie der Kompromiss der Großen Koalition für die Wahl 2025 eine Vergrößerung der Wahlkreise sowie einen Wegfall von Ausgleichsmandaten. In dem Schreiben heißt es, auf Seiten der Ampelkoalition bestehe „offenkundig keine Bereitschaft, über unseren Vorschlag für ein echtes Zwei-Stimmen-Wahlrecht ernsthaft zu beraten”. Dies hätten ersten Gespräche mit den Ampel-Fraktionen am Donnerstag gezeigt. Trotzdem suche man „weiter nach Lösungen, um das Ziel einer deutlichen Verkleinerung des Bundestags zu erreichen”. Man habe den Ampel-Fraktionen deshalb „einen Vier-Punkte-Vorschlag für einen möglichen Kompromiss unterbreitet”.
Die Unionsfraktion schlägt vor, die Zahl der Wahlkreise zu verkleinern. In dem „Briefing” heißt es: „Bei einer Reduzierung der Wahlkreise von derzeit 299 auf beispielsweise 270, würde die Zahl der Überhangs- und Ausgleichsmandate deutlich sinken – und somit die Größe des Bundestags insgesamt”. Ebenfalls „denkbar” sei, „dass bis zu 15 Überhangsmandate unausgeglichen bleiben”. Diesen Spielraum habe das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber ausdrücklich eingeräumt. Auch dieser Schritt würde die Größe des Bundestags reduzieren. Überhangmandate entstehen, wenn eine Partei in einem Bundesland mehr Direktmandate gewinnt, als ihr nach ihrem Zweitstimmen-Ergebnis Sitze im Bundestag zustehen. Damit die anderen Parteien dadurch nicht benachteiligt werden, gibt es seit der Bundestagswahl 2013 Ausgleichsmandate für die anderen Parteien. Diese Überhang- und Ausgleichsmandate sind der Grund dafür, dass der Bundestag so groß geworden ist. In ihm sitzen derzeit 736 Abgeordnete, obwohl seine Normgröße bei 598 Abgeordneten liegt.
Die Unionsfraktion schlägt außerdem eine Änderung der sogenannten Grundmandatsklausel vor. Diese Klausel sieht bisher vor, dass eine Partei, die an der Fünf-Prozent-Klausel scheitert, trotzdem entsprechend ihrem Zweitstimmenergebnis Abgeordnete in den Bundestag entsenden kann, wenn sie mindestens drei Direktmandate gewonnen hat. Davon hat bei der vergangenen Bundestagswahl die Linke profitiert. In dem Schreiben der Unionsfraktion heißt es jetzt: „Eine Erhöhung der Grundmandatsklausel auf fünf zu gewinnende Wahlkreise würde daher ebenfalls dazu führen, Überhangeffekte zu reduzieren und die Größe des Bundestags spürbar zu senken”. Der vierte und letzte Änderungsvorschlag der Unionsfraktion betrifft den sogenannten ersten Zuteilungsschritt bei der Mandatsverteilung.
Bisher hatte sich die Unionsfraktion für ein sogenanntes Grabenwahlrecht ausgesprochen. Hätte dieses Wahlrecht bereits bei der vergangenen Bundestagswahl gegolten, hätten CDU und CSU heute einen deutlich höheren Anteil an Abgeordneten im Parlament – Grüne (FDP) Linke und AfD dagegen einen erheblich kleineren. Die Ampelfraktionen lehnen das Grabenwahlrecht auch deshalb vehement ab. Mit dem Vorschlag der Ampelfraktionen soll die aktuelle Zusammensetzung des Bundestages weitgehend erhalten bleiben.