Der früherer Präsident des Verfassungsgerichtshofs für NRW hält den Entwurf des Epidemiegesetzes der NRW-Landesregierung in Teilen für verfassungswidrig.
Mit dem Gesetz, welches am Mittwoch im Düsseldorfer Landtag beraten wird, „sollen dauerhafte Regeln für künftige landesweite Epidemien im Gesetz festgeschrieben werden, die massiv in die Grundrechte der Bürger eingreifen”, sagte Michael Bertrams dem „Kölner Stadt-Anzeiger” (Mittwochsausgabe). Er sehe keinen Grund dafür, „das jetzt im Eiltempo zu verabschieden”. Das sei ein Übereifer, den er für inakzeptabel halte.
Neben dem von der Landesregierung ins Auge gefassten beschleunigten Verfahren mit weitgehenden Ausschaltung der ansonsten üblichen parlamentarischen Kontrolle meldete Bertrams erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken auch gegen Inhalte des Gesetzes an. „Dort soll die Möglichkeit geschaffen werden, medizinisches und pflegerisches Personal zu requirieren und Krankenhäuser zu zwingen, Behandlungskapazitäten zu schaffen und anstehende Operationen notfalls zu verschieben. Ausgeschlossen ist so etwas nicht. Aber für eine solche Beschneidung von Grundrechten, zu denen auch die Freiheit der Berufsausübung gehört, braucht es ein Höchstmaß an inhaltlicher Bestimmtheit der Voraussetzungen, unter denen ein solcher Grundrechtseingriff möglich sein soll”, so Bertrams.
Daran mangele es dem Entwurf der schwarz-gelben Koalitionsregierung. Auch bei den Zuständigkeiten fehle es dem Gesetzentwurf an der notwendigen Präzision. „Wie die Einschätzung einer lediglich landesweiten epidemischen Lage zustande kommen soll, lässt sich dem Entwurf nicht entnehmen. Und auch das ist ein nicht akzeptables Schweigen des Regierungsentwurfs.” Bertrams forderte daher, die Verabschiedung zu vertagen. „Es wäre das Mindeste, diesen Gesetzentwurf den Fachausschüssen des Landtags zur Beratung in aller Ruhe vorzulegen und vor der Verabschiedung des Gesetzes auch Sachverständige anzuhören.”