Ban­ken: Kla­ge gegen Nega­tiv­zins wird nicht in Betracht gezogen

Kreissparkasse Köln - Filiale - Hackhauser Weg - Köln-Worringen Foto: Sicht auf die Kreissparkasse Köln auf der Straße "Hackhauser Weg" (Köln-Worringen)

Deutsch­lands Ban­ken wer­den vor­erst nicht gegen den Nega­tiv­zins der Euro­päi­schen Zen­tral­bank vor Gericht zie­hen, obwohl sie auf dem Kla­ge­weg unter Umstän­den Mil­li­ar­den­kos­ten abschüt­teln könnten.

Zuletzt hat­te ein Rechts­gut­ach­ten die Mög­lich­keit auf­ge­zeigt, gegen die Belas­tung von Ein­la­gen bei der Zen­tral­bank zivil­recht­lich vor­zu­ge­hen. Die Nega­tiv­zin­sen bedeu­ten nicht nur zusätz­li­che Kos­ten in Mil­li­ar­den­hö­he für die hie­si­ge Kre­dit­wirt­schaft, son­dern ver­un­si­chern auch die Spa­rer, da immer mehr Ban­ken die Kos­ten an ihre Kun­den weiterreichen.

Zugleich zeigt ein Gut­ach­ten des Wis­sen­schaft­li­chen Diens­tes des Bun­des­tags, dass die Mög­lich­kei­ten des Gesetz­ge­bers, Nega­tiv­zin­sen für Spa­rer zu ver­bie­ten, sehr begrenzt sind. Der CSU-Poli­ti­ker und pro­mi­nen­te Kri­ti­ker der Euro-Ret­tungs­po­li­tik Peter Gau­wei­ler sieht in der Nega­tiv­zins­po­li­tik einen Ver­stoß gegen die Eigen­tums­ga­ran­tie des Grund­ge­set­zes. Die Beschlüs­se der EZB sei­en öko­no­misch und poli­tisch schäd­lich: „Sie rui­nie­ren das Bank­we­sen und unter­gra­ben die Sta­bi­li­täts­kul­tur in Deutsch­land”, sag­te Gau­wei­ler der „Welt am Sonntag”.

Der Ham­bur­ger Rechts­wis­sen­schaft­ler Kai-Oli­ver Knops bestrei­tet zudem, dass die EZB über­haupt ein Recht hat, Kre­dit­in­sti­tu­ten „nega­ti­ve Zin­sen” auf ihre Ein­la­gen bei der Zen­tral­bank zu berech­nen. Nach sei­ner Ein­schät­zung han­delt es sich um eine steu­er­ähn­li­che Abga­be, zu der die EZB nicht befugt ist.

Der Dach­ver­band der Ban­ken, Spar­kas­sen und Volks- und Raiff­ei­sen­ban­ken in Deutsch­land reagier­te auf Anfra­ge der „Welt am Sonn­tag” jedoch aus­wei­chend auf die Mög­lich­keit einer Kla­ge. Es gebe unter­schied­li­che Rechts­auf­fas­sun­gen dar­über, ob die von der EZB seit 2014 beschlos­se­nen Maß­nah­men euro­pa­recht­lich zuläs­sig sei­en, erklär­te der Ver­band. „Nach Ansicht der Deut­schen Kre­dit­wirt­schaft kann sich eine abschlie­ßen­de Bewer­tung die­ser Fra­ge aus dem wei­te­ren juris­ti­schen Dis­kurs ergeben.”

Durch den EZB-Leit­zins ver­lie­ren Deutsch­lands Ban­ken im Jahr bis zu 2,5 Mil­li­ar­den Euro, wie Knops kal­ku­liert. Die EZB hat den Kre­dit­in­sti­tu­ten mit ihren Beschlüs­sen vom Sep­tem­ber nur etwas Lin­de­rung ver­schafft. Der Nega­tiv­zins wur­de zwar von minus 0,4 auf minus 0,5 Pro­zent ver­schärft, künf­tig ist aber ein höhe­rer Teil der Über­schuss­re­ser­ven von dem „Ver­wah­rent­gelt” aus­ge­nom­men, näm­lich das Sechs­fa­che der jewei­li­gen Mindestreserve.

Deutsch­land trifft der Nega­tiv­zins beson­ders hart. Nir­gend­wo in Euro­pa liegt so viel Geld auf Bank­kon­ten und Spar­bü­chern wie hier­zu­lan­de, im August 2019 waren es 2,4 Bil­lio­nen Euro. Das ent­spricht mehr als zwei Drit­tel des Brut­to­in­lands­pro­dukts, also des Werts aller hier­zu­lan­de pro­du­zier­ten Güter und Dienstleistungen.

Ob der Gesetz­ge­ber gegen nega­ti­ve Zin­sen vor­ge­hen kann, wie es der baye­ri­sche Minis­ter­prä­si­dent und CSU-Chef Mar­kus Söder gefor­dert hat, sehen Juris­ten jedoch skep­tisch. So geht aus einem Gut­ach­ten des Wis­sen­schaft­li­chen Diens­tes des Bun­des­tags über die „Zuläs­sig­keit von Nega­tiv­zin­sen” her­vor, dass es nach deut­schem Recht durch­aus einen nega­ti­ven Zins­satz geben kann. In Auf­trag gege­ben hat das Gut­ach­ten der FDP-Abge­ord­ne­te Frank Schäff­ler, ein erklär­ter Kri­ti­ker der EZB-Geldpolitik.

Ein gesetz­li­ches Ver­bot von Straf­zin­sen wäre auch des­halb pro­ble­ma­tisch, weil der Staat damit in die Ver­trags­frei­heit ein­grei­fen wür­de. „Wäh­rend der Gesetz­ge­ber grund­sätz­lich einen wei­ten Spiel­raum zur Vor­nah­me zivil­recht­li­cher Rege­lun­gen hat, bedür­fen Ein­grif­fe in die ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Ver­trags­frei­heit einer hin­rei­chen­den sach­li­chen Recht­fer­ti­gung”, schreibt der Wis­sen­schaft­li­che Dienst.

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