Russ­land: Fake News-Sei­ten wie Abend­lich Ham­burg aufgedeckt

Frau - Becher - Apple - MacBook Pro - Laptop - Sitzbank Foto: Frau mit einem Laptop auf einer Sitzbank, Urheber: dts Nachrichtenagentur

Meh­re­re Inter­net­sei­ten, die den Ein­druck euro­päi­scher News-Por­ta­le erwe­cken, sind offen­bar Teil eines rus­si­schen Desinformationsnetzwerks.

Das berich­ten die „Welt” (Mitt­wochs­aus­ga­be) und netzpolitik.org unter Beru­fung auf eine gemein­sa­me Recher­che. Aus­ge­hend von einer Falsch­in­for­ma­ti­on auf einem deutsch­spra­chi­gen Por­tal mit Namen „Abend­lich Ham­burg” konn­ten dem­nach ähn­li­che News-Por­ta­le mit ver­meint­li­chem Sitz in Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich, Spa­ni­en und der Repu­blik Mol­dau ermit­telt werden.

Der angeb­li­che Redak­ti­ons­stand­ort die­ne dem Ver­such, die fal­schen Nach­rich­ten zu legi­ti­mie­ren, und sol­le ver­schlei­ern, dass über die Por­ta­le tat­säch­lich rus­si­sche Pro­pa­gan­da ver­brei­tet wer­de, hieß es. Auf ent­spre­chen­den Sei­ten fin­de man zum Bei­spiel Arti­kel zur Dis­kre­di­tie­rung der rus­si­schen Oppo­si­ti­on oder pro-west­li­cher euro­päi­scher Poli­ti­ker. Man­che der Bei­trä­ge sei­en mitt­ler­wei­le ins Rus­si­sche über­setzt und anschlie­ßend durch zahl­rei­che rus­si­sche Medi­en auf­ge­grif­fen worden.

Nach glei­chem Sche­ma sei Ende Novem­ber ein abwer­ten­der Arti­kel über den rus­si­schen Oppo­si­ti­ons­po­li­ti­ker Alex­ei Nawal­ny über das deutsch­spra­chi­ge Por­tal „Abend­lich Ham­burg” ver­brei­tet wor­den, schrei­ben die bei­den Medi­en wei­ter. Sol­che Pro­pa­gan­da­ar­ti­kel sei­en ein­ge­streut zwi­schen tat­säch­li­chen seriö­sen Mel­dun­gen, die jedoch von ver­schie­de­nen Nach­rich­ten­sei­ten kopiert wor­den sei­en, unter ande­rem vom „Guar­di­an” oder „Euro­news”.

Den Recher­chen zufol­ge weist das auf­ge­deck­te Des­in­for­ma­ti­ons­netz­werk Ver­bin­dun­gen zu einem pro-rus­si­schen Por­tal mit Sitz auf der Krim auf. Das mehr­spra­chi­ge Por­tal, wel­ches seit der Mai­dan-Revo­lu­ti­on in der Ukrai­ne im Jahr 2014 exis­tiert, steht Medi­en­be­rich­ten zufol­ge in Ver­bin­dung zum rus­si­schen Geheimdienst.

Laut dem FDP-Innen­po­li­ti­ker Kon­stan­tin Kuh­le zeigt „Abend­lich Ham­burg” nun „mus­ter­gül­tig, wie geziel­te Des­in­for­ma­ti­on funk­tio­niert”. Dabei sei die­ser Fall noch rela­tiv leicht zu durch­schau­en. „Die Tat­sa­che, dass ver­gleich­ba­re Por­ta­le in ande­ren Staa­ten und auf ande­ren Spra­chen erkenn­bar sind, ver­deut­licht, wie groß das Pro­blem ist”, sag­te der Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te der „Welt” und netzpolitik.org.

Man müs­se ange­sichts die­ser Erkennt­nis­se von einer Dop­pel­stra­te­gie durch auto­ri­tär regier­te Staa­ten aus­ge­hen: Einer­seits wer­de mit­tels Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen eine geziel­te Ein­fluss­nah­me auf die Wil­lens­bil­dung in demo­kra­ti­schen Staa­ten unter­nom­men. Ande­rer­seits ver­such­ten die betrof­fe­nen Staa­ten die offe­ne Medi­en­land­schaft hier­zu­lan­de zu nut­zen, um Oppo­si­tio­nel­le in ihren Staa­ten zu beeinträchtigen.

Der SPD-Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Tie­mo Wöl­ken teil­te mit Blick auf die Recher­che­er­geb­nis­se mit: „Geziel­te Des­in­for­ma­ti­ons­kam­pa­gnen wie die­se sind oft Teil hybri­der Ope­ra­tio­nen aus Dritt­staa­ten.” Durch die Ver­brei­tung von Falsch­in­for­ma­tio­nen wer­de gezielt ver­sucht, Ein­fluss auf den öffent­li­chen Dis­kurs in Euro­pa zu neh­men, um dar­aus Kapi­tal zu schla­gen. „Vie­le Falsch­mel­dun­gen im Zusam­men­hang mit Covid-19 sind bei­spiels­wei­se auf Kam­pa­gnen aus Russ­land und Chi­na zurück­zu­füh­ren”, so Wöl­ken. Das zu erken­nen, sei ein wich­ti­ger ers­ter Schritt: „Das ist wie in der Geschich­te vom Zau­be­rer von Oz, in der sich her­aus­stellt, dass der mäch­ti­ge, impo­nie­ren­de Zau­be­rer nur ein älte­rer Mann ist, der hin­ter einem Vor­hang ver­steckt eine Maschi­ne bedient”.

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